Einzelne Triolette

1) Bürschchen
Du bist ein Bürschen nach der Regel,
Das heißt: du liebst die Freiheit sehr,
Ja bist mitunter fast ein Flegel!
Du bist ein Bürschchen nach der Regel,
Kein Kegel mehr, nein dreist ein Schlegel,
Wo kam dir die Verwandlung her?
Du bist ein Bürschchen nach der Regel,
Das heißt: du liebst die Freiheit sehr!

(2) Mädchen
Mein Mädchen sitzt am runden Rädchen
Und spinnt mit Flachs Gedanken aus:
Da gibt es feine lange Fädchen!
Mein Mädchen sitzt am runden Rädchen,
Und weiße Linnen sind im Lädchen
Genügend für ein halbes Haus.
Mein Mädchen sitzt am Runden Rädchen
Und spinnt mit Flachs Gedanken aus.

(3) Spinnerin
Sie sprach: Was soll ich nun beginnen?
Mit meinem Flachs ists richtig aus –
Und möchte gern doch weiter spinnen!
Sie sprach: Was soll ich nun beginnen?
Und er: Ei solche Spinnerinnen
Dann wandern aus zum Mann ins Haus!
Sie sprach: Was soll ich nun beginnen?
Mit meinem Flachs ist richtig aus!

(4) Unbegreiflich
Ich soll ein solches kleines, kleines
Milchwickelkind gewesen sein?
War doch von je ein Freund des Weines!
Ich soll ein solches kleines, kleines –
Nein, nein, ich war ein großes, – reines,
Umreiftes Fass gleich, voller Wein!
Ich soll ein solches kleines, kleines
Milchwickelkind gewesen sein!

(5) Mann und Bübchen
Mein Bübchen auf dem Steckenpferde
Mit Peitschenknall und Schwung und Sprung
Und dieser Reitermann-Gebärde!
Mein Bübchen auf dem Steckenpferde
Macht, dass ich selbst ein Bübchen werde:
Da wird ein alter Reiter jung,
Ein Bübchen auf dem Steckenpferde
Mit Peitschenknall und Schwung und Sprung!

(6) Mutter und Tochter
Wie sie nun wieder grüßen alle!
Gib acht, sie halten dich für mich!
Das kommt nun so vom letzten Balle.
Wie sie nun wieder grüßen alle!
Mariechen, das ist eine Falle,
Mein Töchterchen, sie irren sich.
Wie sie nun wieder grüßen alle,
Gib acht: sie halten dich für mich.

(7) Bruder Lustig erzählt:
Am grünen Wald, im blühenden Grase,
Bei Rosen und Vergissmein nicht,
Da gab es was für meine Nase!
„Am grünen Wald -?“ Im blühenden Grase
Da saß ein Has‘ bei seiner Base,
Und sprach als wie ein Hase spricht!
Am grünen Wald, im blühenden Grase!
Bei Rosen und Vergissmeinnicht!

(8) Schütze
Heut hast du einen Bock geschossen
Und scheinst untröstlich nun zu sein,
Hast Tränen, glaub ich, gar vergossen?
Heut hast du einen Bock geschossen,
Und Böcke schießt man unverdrossen,
Nur Geisen schont ein Jäger fein.
Heut hast du einen Bock geschossen
Und scheinst untröstlich nun zu sein!

(9) Und wieviel Uhr?
Sobald ich denke, dass es Zeit ist.
Um wieviel Uhr? Sag‘ mirs genau,
So geh‘ ich mit, wenns nicht zu weit ist!
Freund, wenn ich denke, dass es Zeit ist,
Wenn mir zur Last die Einsamkeit ist,
So nehm‘ ich auch noch eine Frau.
Sobald ich denke, dass es Zeit ist!
Um wieviel Uhr? Sag‘ mir’s genau!

(10) Unsichtbare Sichtbarkeit
Wenn ich in jenen Spiegel blicke,
So seh‘ ich dich, so siehst du mich,
Und nickest wieder, wenn ich nicke.
Wenn ich in jenen Spiegel blicke,
Wer weiß es, wem ich Blicke schicke?
Die zwischen uns da sehen sich!
Wenn ich in jenen Spiegel blicke,
So seh‘ ich dich, so siehst du mich!

(11) Spiegelfehler
Die Spiegel jetzt sind grobe Bengel
Und spotten uns ins Angesicht,
Besonders der, der Galgenschwengel!
„Die Spiegel jetzt?“ Sind grobe Bengel!
Sieht sie hinein, so ists ein Engel,
Guck‘ ich hinein, so bin ichs nicht!
Die Spiegel jetzt sind grobe Bengel,
Sie spotten uns ins Angesicht.

(12) Er kommt nicht!
Ich glaube, Schatz, du glaubst, er glaube,
Wir glauben ihm? Das glaubt er nicht,
Und stört uns auch nicht in der Laube.
Ich glaube fast, du glaubst, er glaube,
Wir machten uns nun aus dem Staube?
Da nimmst du seinen Scherz zu schlicht!
Ich glaube, Schatz, du glaubst, er glaube,
Wir glauben ihm? Das glaubt er nicht!

(13) Versprechen
Ich gehe fort und komme wieder,
Sobald ich mag, sobald ich mag:
Kein Unfall schlägt mich gleich darnieder!
Ich gehe fort und komme wieder,
Und bringe dir die neusten Lieder,
Und sing‘ sie dir – am jüngsten Tag!
Ich gehe fort und komme wieder,
Sobald ich mag, sobald ich mag!

(14) Sie stimmen
Hui hui, was ist das für ein Lärmen!
O welche tolle, tolle Schar,
Welch Knurren, Quieken, Schwirren, Schwärmen!
Hi hi, was ist das für ein Lärmen?
Die Saiten sind von Hammelsdärmen,
Die Bögen sind von Pferdehaar –
Hu hu, was ist das für ein Lärmen,
O welche tolle, tolle Schar!

(15) Virtuose
Wenn ich ihn höre, muss ich staunen,
Und traue meinen Augen nicht,
Wie Holz gehorcht den Künstlerlaunen!
Wenn ich ihn höre, muss ich staunen,
Indem ich sehe, wie er Faunen-
Gesichter schneidet im Gesicht!
Wenn ich ihn höre, muss ich staunen,
Und traue meinen Augen nicht!

(16) Schnell
„Zum Schluss der Triolettenkette
Ein Triolett aufs Triolett!
Du bringst mir keins zustand, ich wette!“
Zum Schluss der Triolettenkette
Begehrst du – Kuckkuckstriolette?
Dies ist ein solches glatt und nett,
Zum Schluss der Triolettenkette
Ein Triolett aufs Triolett!

(17) Stolz des Kleinen
Der Kuckuck mag sich selbst besingen,
Ein Triolett aufs Triolett,
Aus welchem Walde sollt‘ es klingen?
Der Kuckuck mag sich selbst besingen,
Das Triolett wills weiter bringen,
Es trillert hübsch und trägt sich nett!
Der Kuckuck mag sich selbst besingen!
Ein Triolett aufs Triolett?

(18) Style
Im kleinsten Fass ist Raum für vieles,
Für Spiritus und Bier und Wein,
Und immer leer nur, wem gefiel‘ es?
Im kleinsten Fass ist Platz für vieles,
Noch mehr im Tropfen deines Kieles,
Nur darf es nicht beisammen sein!
Im kleinsten Fass ist Raum für vieles,
Für Spiritus und Bier und Wein!

(19) Pflege
Wer biegeln will, des Biegeleisen
Sei schwer und heiß, doch nicht zu heiß:
Dies möchte Brand und Stank verheißen!
Wer biegeln will, des Biegeleisen
Soll stets sich blank poliert erweisen
Und gleiten hin und her mit Fleiß.
Wer biegeln will, des Biegeleisen
Sei schwer und heiß, doch nicht zu heiß!

(20) Ein Fehler
Ein Fehler ists, ein ungeheurer,
Zu suchen und nicht wissen, was,
Als Steurer blind und Abenteurer!
Ein Fehler ists, ein ungeheurer,
Und Leser! Dichter! Oft ists eurer,
Denn alle Wut ist ohne Maß!
Ein Fehler ists, ein ungeheurer,
Zu suchen und nicht wissen, was!

(21) Bachmühle
Bald ober- und bald unterschlächtig
Dreht sich ein Mühlrad um und ächzt:
O Lesewut, wie wirkst du mächtig!
Bald ober- und bald unterschlächtig
Zum Dichterling wie passt sich prächtig
Ein Leserling, der immer lechzt:
Bald ober- und bald unterschlächtig
Dreht sich das Mühlrad um und ächzt!

(22) Neueste Zeit
Was muss die alte Welt erfahren:
In neuster Zeit bleibt alles jung,
Und niemand will mit Jahren sparen!
Was muss die alte Welt erfahren:
Das Alter selbst ist jung an Jahren,
Erfahrung und Erinnerung!
Was muss die alte Welt erfahren:
In neuster Zeit bleibt alles jung!

(23) Vertrauliche Mitteilung
Sie sprach: Mein Lieber, wirst du schweigen?
Die andern reden schon genug,
Ach, mein Geheimnis ist ganz eigen!
Sie sprach: Mein Lieber, wirst du schweigen?
Und er: O Kind, was wird sich zeigen?
Sprich, sprich dich aus in einem Zug!
Sie sprach: Mein Lieber! Wirst du schweigen??
Die andern reden schon genug!

(24) Idyllisches Konzert
Im Hof Geschnatter und Gegacker
Zu Lustgegirr am Taubenschlag,
Und Hundsgebell am Stall zu wacker!
Im Hof Geschnatter und Gegacker,
Geblök, Gemuh‘ durch Wies‘ und Acker,
Gegrunz‘, Gemecker Tag für Tag!
Im Hof Geschnatter und Gegacker,
Zu Lustgegirr am -? „Taubenschlag!“

(25) Auf ein Mehlwürmchen
Es wuchs bei Mehl und Butter,
Gedieh bei Hirs‘ und Gries
Zu Stubenvögelfutter!
Es wuchs bei Mehl und Butter,
Im Hause war die Mutter,
Davor der Straßenkies –
Es wuchs bei Mehl und Butter,
Gedieh bei Hirs‘ und Gries!

Vorstellung

(26) Ich komme, dir zu dienen,
Du schönes Engelein!
Hold bist du mir erschienen,
Ich komme, dir zu dienen.
Vernimm mit holden Mienen
Die treuen Worte mein:
Ich komme, dir zu dienen,
Du holdes Engelein!

(27) Was darf ich mehr dir sagen,
Du blickst in mich hinein!
Was darf ich da noch wagen,
Was darf ich mehr dir sagen!
Du bist in meinen Tagem
Der linde Sonnenschein.
Was darf ich dir mehr sagen:
Du blickst in mich hinein!

(28) Erkenne, was ich meine,
Erkenn‘ es, ich bin dein.
Du zartgeliebte Reine,
Erkenne, was ich meine,
O lass in deinem Scheine
Mich länger selig sein!
Erkenne, was ich meine,
Erkenn‘ es, ich bin dein!