Erzählverse: Der Hexameter (188)

Erich August Mayer erzählt im 1935 erscheinenen „Palusmarkt 17“ Wiener Geschichten aus der Zeit zwischen den Weltkriegen. Da taucht dann auch Hexameter-ungewohntes auf, zum Beispiel ein Motorrad, das für eine Ausfahrt mit der Freundin vorbereitet wird:

Und nun kommt der große Moment, mit Spannung erwartet:
Ob der Motor gehorcht? Schon gibt mit wuchtigem Fuße
Pepi den nötigen Tritt und – ah! – es gehorcht die Maschine.
Knatternd rattert der Motor, es scheppert und klirrt das Gestänge,
Blauer Dampf entpufft aus dem Rohr aus stänkerndem Trichter,
Und der Pepi grätscht seine Beine, lenkt nun das Untier
Langsam umher im Kreis, gleich wie beim Rennen der Pferde
Vor dem rasenden Lauf mit dem Renner sich brüstet der Jockei.

Dieser Pferdebezug und -vergleich wird wenig später wieder aufgenommen:

Selbst Bukephalus mag, Alexanders stütziges Streitross,
Als er hufeschlagend und schnaubend im Zügel sich bäumte,
Nicht so bedrohlich erschienen sein den staunenden Freunden,
Wie dies stählernde Ross, das schnaubt und pumpert und rasselt
Und – hm, leider! – auch stinkt und Qualm verteilt in die Nasen.

Aber das ist nur ein kurzer Schwenk zu Antikem:

Wenn man’s näher bedenkt, verlangt’s nicht Mut von dem Mädchen?
Feuer hat es im Leibe, das Ross aus Eisen und Gummi,
Explosionen treiben es hin auf der wandernden Straße.
Sitzt du nicht auf einem Vulkan? Ein Funken zersprengt ihn.
Doch „Jahrhundert der Technik“ heißts! Wen schrecken noch Funken,
Dynamit und Benzin? Längst sind sie vom Menschen gebändigt.
Also fasst sich das Mädchen ein Herz, hebt zierlich das Füßchen,
– „Hübsche Wadln, schau her!“ sagt zungeschnalzend ein Kenner –
Reckt den Körper gar rank und sinkt auf das wartende Leder.

Dann geht es los:

Grässlich poltert das Rad, es tobt der Stank zu den Himmeln.

Und das ist heute auch nicht anders, fürchte ich …

Einsilbig

Wo der Frosch sitzt, ist das Gras grün wie der Frosch.
Wo der Frosch fehlt, ist das Gras grün wie es selbst.
Wo der Frosch fehlt und das Gras fehlt,
Ist das Grün frei und ist grün.

Rubai mit Gemse und Mensch

Des Berges Flanke emporhuft in selbstgewisser Manier,
Die Pfarrhaustreppe emporstuft in selbstgewisser Manier
Hier Gams, hier Mensch – wer hinansteigt, ist sich des Zieles bewusst,
Das gipfelwärts er emporruft in selbstgewisser Manier.

Ohne Titel

Die Liebe ist, was uns verbindet,
Was in uns zueinander findet,
In uns sich trennt,
Wenn keiner mehr den anderen kennt:
Das ist die Liebe.

Schachprobleme (3)

[fen]8/8/8/2p5/RPB5/1Pk1B3/2P5/1K6 w KQkq – 0 6[/fen]

Matt in drei Zügen

Ein kleiner Dreizüger, am 10. Oktober 1985 im „Stern“ erschienen. Der Betreuer der dortigen Problemsparte, Hans Klüver, war wahrscheinlich genau so wie ich ziemlich unsicher, ob ein so schlichtes Problemchen nicht schon zuvor jemand anderem eingefallen war – „einfach mal so“ in einer Online-Datenbank nachsehen konnte man damals noch nicht; aber ich denke, das lief dann milder betrachtet unter „Nachwuchsförderung“.

1.Ta1 cxb4 (1. … Kxb4 2.Ld2#) 2.Ka2 Kxc2 3.Tc1#

Rubai von der Ursache und der Wirkung

Wenn himmelhellend ein Licht zuckt, geschieht das, weil es sich reimt,
Wenns donnert und sich ein Wicht duckt, geschieht das, weil es sich reimt,
Weil Dingen Dinge gemein macht ein klangverliebter Poet;
Und wenn ihm eins ins Gesicht spuckt, geschieht das, weil es sich reimt.

Ein altes Lied

Trafen sich zwei kluge Menschen
(Klug fürwahr! denn niemand wusste
Von den Taten, die sie taten,
Nicht die Eltern, nicht die Kinder,
Nicht der Staat und nicht die Freunde,
Nicht die andern klugen Menschen,
Und am wenigsten sie selber),
Trafen sie sich nicht? Wer weiß es.

Angestrichen & verbessert

Ein Gespräch unter Malermeistern

„Du weißt nicht, wie die Farben heißen?!“
„Helft! Kommt, die Wände einzureißen,
Die Mauern und die Wälle!“