
Schachprobleme (8)
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Matt in zwei Zügen
Von Dr. Hartmut Laue veröffentlicht im Mitteilungsblatt der Kieler Schachgesellschaft, Ausgabe September 1985; der Zweizüger hatte die Ehre, die Seite mit einem Problem von Hans Klüver zu teilen, der ja mein erstes veröffentlichtes Problem verantwortet hat …
Ich hatte irgendwo die Beschreibung eines bestimmten Themas gelesen, und dieser Zweizüger ist der (unbeholfene) Versuch, das Thema zu gestalten. 1.La6? nimmt dem Td5 die Deckung von d3 ab und droht 2.Te5#, auf 1. … Txf5 kommt 2.Td4#; aber 1. …Txg3! rettet für Schwarz. Daher „andersherum“: 1.Lc8! droht 2. Td4#, und auf 1. … Td3 folgt 2.Te5#. 1. …Kxd5 hat die Rückkehr des Läufers zur Folge: 2.Lb7#.
Erzählformen: Siebenzeiler (10)
Ernst Moritz Arndts „Das Gespräch“ arbeitet die unterschiedlichen Teile der nach der Kanzonenform gebauten siebenzeilgen Strophe sehr deutlich heraus. Die erste Strophe:
Ich sprach zum Morgenrot: Was glänzest du
Mit deinem Rosenlicht?
Ich sprach zur Jungfrau schön: Was kränzest du
Dein junges Angesicht?
Morgenrot, du einst erbleichen musst,
Jungfrau schön, du einst auch sterben musst;
Drum schmücket euch nicht.
Die beiden Stollen des Aufgesangs sind die Verwendung von zwei deutlich ungleich langen Versen klar gegeneinander abgesetzt; im Abgesang ist das einleitende Reimpaar abweichend vom iambischen Aufgesang trochäisch, und der schließende Kurzvers hat zwar wieder Auftakt und nimmt den Reim der Aufgesangs-Kurzverse erneut auf, ist aber zwei- statt dreihebig und weist zudem eine zweisilbig besetzte Senkung auf.
Viel Arbeit für das Ohr, also; aber trotzdem eine runde Strophe, und spätestens am Ende des dreistrophigen Textes hat man sich an sie gewöhnt!
Ohne Titel
Schlupp!, ein wunderlich Ding wird Welt, und Schlupp!, ist vergangen.
Erzählverse: Der Hexameter (192)
Rudolf Borchardts Hexameter-Texte reden häufig von der Fremdbestimmheit, dem Ausgeliefertsein und der Machtlosigkeit der Frau in der Antike. Siehe den letzten Eintrag (191); oder auch die „Klage der Daphne“, beim Verserzähler hier zu finden. Ein weiteres Beispiel findet sich im „ruhenden Herakles“:
Aber dieweil von der Burg her kam, von Frauen geleitet
Langsam über den Hang, und hielt eine Blume in Händen
Zitternd im Flimmergewand und in Schleirigem, göttlich ein Anblick,
Zwischen den schönsten der Mädchen die immer noch schönere Myrrho,
Fast ein Kind; und wagte die Augen nicht aufzuheben
Unter dem tobenden Volke, und wich das grobe zur Seite,
Dass das verlobte Gemahl des Erhabenen keiner verletze.
Scham begoss ihr die blumigen Wangen und Tränen vergoss sie
Ob des Gewühls und wohl des Geschicks auch. Doch die Gespielen
Sprachen ihr zu, das Flüstern vernahm man nicht; aber der König
Nahm sie aus Händen der Mutter entgegen, und vor dem Gott stand
Ihm an der Hand die Zarte, ein Rieseln nur, Beben des Goldnen
Um sie her und an ihr herab, und ein Schüttern der Falten.
Neben dem Inhalt auch ähnlich in allen Texten: Borchardts Bereitschaft, den Rahmen des Hexameters zu nutzen, um den prosaisch-logischen Rahmen der Sprache nicht so stark zur Wirkung kommen zu lassen, ohne dass der Text an Halt verliert.
Erzählverse: Der Hexameter (191)
Rudolf Borchardt zeigt in seinem „Pallas-Lied“ einmal mehr die Möglichkeiten, die sich aus der Kombination des Hexameters mit einem anderen Vers ergeben. Hier ist es ein iambischer Dreiheber, der zudem mit einer gewissen Freiheit gebraucht wird!
Heiliges Mädchen, du Glückliche du, die es bleiben und sein darf,
Oh Pallas, immer ein Mädchen,
Nimm die Weihe von denen, die’s morgen schon nicht sein dürfen,
Oh Pallas, nimmer ein Mädchen!
Glückliche du, die die Liebe nicht kennt und sie darf dir ein Greul sein,
Greul sein, sie, die wir lieber nicht kennten, und müssen sie heilig,
Oh Pallas, nennen und halten,
Oh Pallas, halten von morgen!
Glückliche du, die den Mann nicht kennt, den Entsetzlichen, Einen,
Welcher uns morgen zerreißt!
Glückliche du, von allen den Männern und allen uns Mädchen,
Oh Pallas, Gepriesene du!
Glückliche du, die sich unter den Männern die Treuen und Klügsten
Selbst erkürt und steht ihnen bei, und allen den Tapfern
Dort vorn auf dem Wagen –
Nimm die Weihe von uns Unseligen, welchen die Klugen,
Welchen die Treuen und Tapferen alle, vom Greulichen Einen,
Für ewig verwehrt sind!
Bei Diomedes darfst du, dem herrlichen Ritter, und darfst bei
Herakles dem Gewaltigen stehn und unter dem Ölbaum
Oh Pallas, immer ein Mädchen –
Ihm die Schale des Trosts und dem Dulder von Ithaka schenken,
Nichts dergleichen düfen wir nachtun, ja und es dürfte
Oh Pallas, nimmer ein Mädchen,
Oh Pallas, nimmer ein Mädchen!
Dabei ist das „Pallas-Lied“ ursprünglich kein eigenständiger Text, sondern wurde im Rahmen der dramatischen Dichtung „Petra“ veröffentlicht.
Schachprobleme (7)
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Matt in drei Zügen
Veröffentlicht hat diesen Dreizüger Godehard Murkisch am 12. Juli 1986 in der „Landeszeitung Lüneburg“; zu sehen ist eine berühmte Aufstellung der schwarzen Türme und Läufer, die „Loydschen Orgelpfeifen“. Mit den so geradezu vorgegebenen Verstellungen der schwarzen Langschrittler hantiert auch die Lösung: 1.c5? droht 2.Sb4# und 2.Dc4#, was Schwarz durch Lxc5 bzw. Txc5 nur noch differenzieren, aber nicht mehr verhindern kann; mit 1. …Le4! steht ihm allerdings eine ausreichende Verteidigung zur Verfügung. Versucht Weiß ähnlich 1.Sd5? mit den Drohungen 2.Dd4# und De4#, kann Schwarz mit 1. … Lxd5 bzw. 1. … Txd5 nur eine der Drohungen abwehren; 1. … Txc4! hilft allerdings gegen beide. Weiß muss also noch vorarbeiten: 1.Lc6! droht 2.De4#, und auf 1. …Txc6 dringt nun 2.c5 durch, da der La8 verstellt ist: 2. … Txc5 3.Sb4#, 2. …Lxc5 3.Dc4#. Auf 1. …Lxc6 genügt dagegen 2.Sd5, da nun der Tc8 verstellt ist: 2. … Lxd5 3. Dd4# , 2. …Txd5 3.De4#.
Erzählformen: Das Distichon (125)
Die steigende und die sinkende Sonne, Morgen und Abend; im folgenden Doppeldistichon aus dem Jahr 1855 verschmilzt Rückert die beiden Begrifflichkeiten kurzerhand:
Her vom steigenden Morgen bis hin zum sinkenden Abend
Ringt des Vogelgesangs laut sich bekämpfender Chor;
Nicht in den Wettstreit mischest du dich der Sänger des Tages,
Nachtigall, in der Nacht singst du dein einziges Lied.
Wobei die im Distichon angelegten Gegensätze wieder einmal verwirklicht werden!