Klamer Schmidt

(1) Schmerz der Liebe
Es ist kein Spaß, ein hübsches Kind zu meinen;
Ich hab’s erfahren, glaubt es mir!
Ich musste hoffen, fürchten, weinen;
Es ist kein Spaß, ein hübsches Kind zu meinen!
Und doch verschont der Pfeil der Liebe keinen;
Zu lieben sind wir alle hier.
Es ist kein Spaß, ein hübsches Kind zu meinen;
Ich hab’s erfahren, glaubt es mir!

(2) Das Triolett
An Elisa von der Recke
Was ist, was ist ein Triolett?
Fragt meine Chloe mich, und hört nicht auf zu fragen:
Was ist, was ist ein Triolett?
Wohlan! Ich will es dir, o schöne Chloe, sagen:
Acht Amorn sind es, hold und nett,
Von welchen zwei und drei dieselbe Rüstung tragen!
Nun darfst du mich nicht mehr, o schöne Chloe, fragen:
Was ist, was ist ein Triolett?

(3) Das Hüttchen im Grünen
Mein Halmen-Hüttchen im Grünen,
Es kann, es kann nicht schöner sein!
Man sage nicht, es sei zu klein,
Mein Halmen-Hüttchen hier im Grünen:
Ich und Luise gehn hinein,
Und Amor, willig, uns zu dienen.
Mein Halmen-Hüttchen hier im Grünen,
Es kann, es kann nicht schöner sein!

(4) An mein Herz und meine Leier
Mein frohes Herz und meine kleine Leier,
Bleibt mir getreu bis hin ins dunkle Tal!
Mein frohes Herz und meine kleine Leier,
Ihr seid mein Gold, mein Ruhm, mein Ahnensaal,
Macht Freunde mir, und mich den Freunden teuer,
Wofern ich bin’s, bei Schwächen sonder Zahl!
Mein frohes Herz und meine kleine Leier,
Bleibt mir getreu bis hin ins dunkle Tal!

(5) An die Eine
Dich allein, dich lieb‘ ich nur,
Mädchen mit den schwarzen Haaren!
Dich allein, dich lieb ich nur.
Dir tat ich der Treue Schwur;
Und mein Herz soll ihn bewahren,
Bis auf Lethes öde Flur
Charon mich wird überfahren!
Dich allein, dich lieb ich nur,
Mädchen mit den schwarzen Haaren!

(6) Blick und Kuss
Wisst ihr was Süßeres hienieden
Als Blick und Kuss von Adelheid?
Wenn mir das Glück die Ferse beut,
Dann spricht den Traurer nichts zufrieden,
Als Blick und Kuss von Adelheid;
Die lindern selbst das schwerste Leid.
Wisst ihr was Süßeres hienieden,
Als Blick und Kuss von Adelheid?

(7) Der vierte Mai
An Stamford
Der liebe, holde vierte Mai
Blüht purpurhell in meinem Herzen;
Denn meinen Stamford fand er treu,
Der liebe, holde vierte Mai.
Nun sei mein Schicksal, wie es sei:
Nun mag sich Flur und Himmel schwärzen:
Der liebe, holde vierte Mai
Blüht purpurhell in meinem Herzen!

(-) An Klamer Schmidt
Der wahr geliebt, o Schmidt, im Mai,
Liebt auch im späten Herbst des Lebens;
Drum lieb‘ ich dich und bin dir treu
Noch jetzt, wie einst in jenem Mai,
Wohl nagt die Zeit auch Stahl entzwei;
An echter Treu nagt sie vergebens.
Der wahr geleibt, o Schmidt, im Mai,
Liebt auch im späten Herbst des Lebens!
Stamford

(8) An Stamford
Das Lied der Nachtigall ist süß,
Noch süßer meines Stamfords Liebe.
Ich sag‘ es selbst im Paradies:
Der Lied der Nachtigall ist süß.
Doch wenn auch dort mir Stamford schriebe,
So hieß es dort, wie hier es hieß:
Das Lied der Nachtigall ist süß,
Noch süßer meines Stamfords Liebe!

(9) Vergleichung
In Stamfords Namen
Als ich mit Doris Veilchen las,
O welch ein Jubel, welch ein Leben!
Wie süß ich alle Welt vergaß,
Als ich mit Doris Veilchen las!
Jetzt ist mir Gold und Ruhm gegeben,
Jedoch mit Sorgen ohne Maß!
Als ich mit Doris Veilchen las,
O welch ein Jubel, welch ein Leben!

(10) Das Lämmchen
Dich werd‘ ich nimmermehr vergessen,
Du kleines Lamm im kleinen Tal!
Ich saß bei dir zehntausendmal,
Du kleines Lamm im kleinen Tal.
Bei Fürsten hab‘ ich oft gesessen,
Seit mir der Wolf mein Alles stahl;
Doch werd‘ ich nimmer dich vergessen,
Du kleines Lamm im kleinen Tal!

(11) Das Lieben
Lieben, Lieben, wie so schön!
O wann lieb‘ ich einmal wieder?
Ach! Im Taumel sie zu sehen,
Lieben, Lieben, wie so schön!
Laub und Blüte, Zephyrs Wehn,
Nachtigall und Mädchenlieder,
Alles war noch eins so schön.
O wann lieb ich einmal wieder?

(12) Genuss der Gegenwart
Rosen blühn noch heute früh;
Auf, o Freund, und pflücke sie!
Ob in diesen Huldgestalten
Rosen blühn noch morgen früh,
Wissen wir’s? Das Wann und Wie
Hat ein Gott sich vorbehalten.
Rosen blühn noch heute früh;
Auf, o Freund, und pflücke sie!

(13) Man liebt nur einmal
Einmal, einmal liebt man nur;
Zweimal lieben ist vergebens.
Einmal, einmal liebt man nur:
Aber dann – Triumph des Lebens!
Ach! Ein Himmel, voll des Gebens,
Voll des Nehmens folgt dem Schwur!
Einmal, einmal liebt man nur;
Zweimal lieben ist vergebens!

(14) Veränderung
Morgens sah und liebt‘ ich sie;
Abends war sie schon vergessen.
„Ewigkeiten lieb‘ ich die!“
Sagt‘ ich abends noch vermessen,
Als mit Eins den Busen sie
Trug zur Schau, als sollt‘ ich messen.
Morgens sah und liebt‘ ich sie;
Abends war sie schon vergessen.

(15) Wie schwer lieben sei
O wie schwer, wie schwer ist Lieben,
Eh‘ Genuss die Posse schließt!
Welch ein Schmachten, welch Betrüben!
O wie schwer, wie schwer ist Lieben,
Wenn ein Briefchen ausgeblieben,
Oder Liebchen kälter grüßt!
O wie schwer, wie schwer ist Lieben,
Eh‘ Genuss die Posse schließt!

(16) Das kleine Mädchen
Auf Rosen geh‘ ich meinen Pfad,
Seit ich das kleine Mädchen liebe.
Ich, der so lang‘ auf Dornen trat,
Auf Rosen geh‘ ich meinen Pfad.
Der allerkleiste meiner Triebe
Beflügelt sich zu schöner Tat.
Auf Rosen geh‘ ich meinen Pfad,
Seit ich das kleine Mädchen liebe.

(17) An Tiedge
Nein, nein, ich bleibe, was ich bin,
Und mag nicht reicher werden!
Nein, nein, ich bleibe, was ich bin!
Mein Schatz, gerechnet her und hin –
Kein größ’rer ist auf Erden.
Mein kleines Weib, die Zauberin,
Mein Volk auf Steckenpferden,
Mein Gleim,mein Tiedge sind darin.
Nein, nein, ich bleibe, wer ich bin,
Und mag nicht reicher werden!

(18) Herbsterinnerung
Wenn das Laub im Todeswirbel kreist,
Denk ich oft an durchgelittne Stunden.
Wenn das Laub im Todeswirbel kreist,
Denk‘ ich oft: Auch du wärst hingeschwunden,
Du mein Leib, auch du vielleicht, mein Geist,
Hätte nicht ein Gott mich wert gefunden,
Noch einmal für alles zu gefunden.,
Was mich Vater, mich Geliebter heißt.
Wenn das Laub im Todeswirbel kreist,
Denk‘ ich oft an durchgelitt’ne Stunden!

(19) An das Jahr 1793
Nun lebe wohl, das hingetrautes Jahr;
Dein werd‘ ich oft, doch nie mit Ruhm erwähnen!
Nun lebe wohl, du hingetrau’rtes Jahr,
Mit allem Seufzen, Händeringen, Gähnen,
Mit allen lauten, dir geweihten Tränen,
Mit aller Fehd‘, oft um ein Ziegenjahr!
Nun lebe wohl, du hingetrau’rtes Jahr,
Dein werd‘ ich oft, doch nie mit Ruhm erwähnen!

(20) Das Triolett
An Elisa von der Recke
Piano
Ein Triolett verlangt Elise.
Ja leider! Ständ‘ es doch schon hier!
Ein Triolett verlangt Elise.
Ich Armer, ich verzweifle schier!
Hilft aus des Himmels Paradiese
Kein Engel holder Weisheit mir,
Kein Triolett verlangt Elise!
Presto
Triumph, Triumph! Es steht schon hier.

(21) Raps, der Triolettenmacher
Er macht sein Triolett
Nach Winkelmaß und Schnur,
Und von acht Zeilen nur.
Er macht sein Triolett,
Sagt Bav, entzückend nett.
Ich aber sage nur:
Er macht sein Triolett
Nach Winkelmaß und Schnur.

(22) Die Hirtin
Herd‘ und Herz zugleich zu hüten,
Ist der Hirtin viel zu schwer.
Meint ihr, dass ein Spiel es wär‘,
Herd‘ und Herz zugleich zu hüten,
Wenn die Hirten all‘ umher
Und die Wölfe Krieg ihr bieten? –
Herd‘ und Herz zugleich zu hüten,
Ist der Hirtin viel zu schwer.

(23) Friedenstraktaten des Trinkers. 1814.
Du lieblicher Champanger-Wein,
Braus‘ immerhin der Nation, der großen!
Sie lohne, lernt sie menschlich sein,
Der liebliche Champanger-Wein;
Wenn mir mein Landsmann bleibt am Rhein,
Auf Freundes Wohl in Freiheit anzustoßen:
Dann, lieblicher Champanger-Wein,
Braus‘ immerhin der Nation, der großen!

(24) Luise
Triolett für den 26. September 1818
Ein L, ein U, ein I, ein S, ein E, zusammen
Sind meines Lebens schönste Harmonie.
Was Schöneres hört ich zeitlebens nie.
Ein L, ein U, ein I, ein S, ein E, zusammen,
Sie setzten eins des Jünglings Herz in lichte Flammen,
Und huldigend preis‘ ich noch heute sie!
Ein L, ein U, ein I, ein S, ein E, zusammen
Sind meines Lebens schönste Melodie!

(25) An Johannes Abel
Du reiches Herz, das ich in meinem Herzen trage!
Noch lang‘ obsiege jedem Sturm des Lebens,
Kaum achtend all‘ des düstern Parzenwebens!
Dein, reiches Herz, das ich in meinem Herzen trage,
Gedenk‘ ich heut‘ an deinem Hekatombentage,
Und Becher klingt zu Lyra nicht vergebens!
Du aber, Herz, das ich in meinem Herzen trage,
Noch lang‘ obsiege jedem Sturm des Lebens!

(26) Frühlingsanfang
An Friedrich Lautsch
Der Frühling ist kommen, der Frühling, o Fritz!
Weg wirf mir die schweren Gepäcke des Lebens;
Die wachenden Träume des eitlen Bestrebens!
Der Frühling ist kommen, der Frühling, o Fritz!
Natur, ihm verbündet, voll bräutlichen Lebens,
Der Himmel voll Bläue, die Erde voll Gebens.
Der Frühling ist kommen, der Frühling, o Fritz!
Weg wirf mir die schweren Gepäcke des Lebens!