(1) Die beste Zeit
Die Jugend ist die beste Zeit
Von aller Zeit hienieden;
Denn für die Liebe, weit und breit,
Die Jugend ist die beste Zeit.
Und ob ich gleich des Herzens queit,
So bin ich’s doch zufrieden:
Die Jugend ist die beste Zeit
Von aller Zeit hernieden!
Ewiger Frühling
(2) Liebe ist des Lebens Mai,
Blumen sind des Lenzes Feier!
Jedes Herz, der Liebe treu,
Jubelt in des Lebens Mai.
Hell erklingt und froh und frei
Haineslied und Sängers Leier:
Liebe ist des Lebens Mai,
Blumen sind des Lenzes Feier!
(3) Liebe ist des Lebens Mai,
Wenn auch Lenzesblumen scheiden.
In dem Herzen, liebetreu,
Blühet stets des Lebens Mai.
Ob es Herbst, ob Winter sei,
Liebe kennt nur Lenzesfreuden,
Liebe ist des Lebens Mai,
Wenn auch Lenzesblumen scheiden!
(4) Liebe ist des Lebens Mai,
Wenn das Leben längst verglommen.
Nur das Herz, der Liebe treu,
Grüßt des ew’gen Lebens Mai,
Nur der Geist, vom Körper frei,
In das Himmelreich gekommen,
Lebt in ew’ger Liebe Mai,
Wenn das Leben längst verglommen.
(5) Guter Rat
Wenn die Mächt’gen Kirschen essen,
Ach, so sei auf deiner Hut!
Sind für dich die Steine gut,
Wenn die Mächt’gen Kirschen essen?
Lässt es sich doch leicht ermessen,
Wie der Steinwurf wehe tut!
Wenn die Mächt’gen Kirschen essen,
Ach, so sei auf deiner Hut!
(6) Aufruf
Wenn die Frühlingssonne scheinet,
Müssen Eis und Schnee verschwinden
Und es blühen duft’ge Linden,
Wenn die Frühlingssonne scheinet.
Überlass‘ den leichten Winden,
Was das Herz zu Eis versteinert:
Wenn die Frühlingssonne scheinet,
Müssen Eis und Schnee verschwinden.
(7) Missgönnt mir’s nicht
Meine Träume lasst mir! Meine Träume
Sind das einz’ge Leben, das ich lebe.
Zerrt sie nicht in diese kalten Räume,
Meine Träume lasst mir, meine Träume!
Ob der Rebe Gold im Becher schäume,
Ob die Liebe and’rer Herzen hebe:
Meine Träume lasst mir! Meine Träume
Sind das einz’ge Leben. das ich lebe!
An A. S. …
(8) Ach, ob ich dich wiederseh‘,
O, du mein geliebtes Leben?
In dem Tale, auf der Höh‘,
Ach, ob ich dich wiederseh‘?
Heil und Segen, Wohl und Weh‘
Kann dein süßes Auge geben:
Ach, ob ich dich wiederseh‘,
O, du mein geliebtes Leben?
(9) Ob das arme Herz auch bricht,
Ewig wird es dein gedenken;
Sängertreue endet nicht,
Ob das arme Herz auch bricht!
Leuchte mir, du goldnes Licht,
Weil sich meine Sterne senken,
Ob das arme Herz auch bricht,
Ewig wird es dein gedenken!
(10) Ach, warum?
Warum muss es Trennung geben,
Die das arme Herz zerbricht?
Sterben ist so bitter nicht,
Warum muss es Trennung geben?
Ohne Liebe kann ich leben,
Ohne die Geliebte nicht!
Warum muss es Trennung geben,
Die das arme Herz zerbricht?
(11) Ihr Auge
Nicht so sehr am Erdenmaie
Häng‘ ich als am Maienblick,
Und es liegt mein Erdenglück
Nicht zu sehr im Erdenmaie.
Aus des klaren Auges Bläue
Strahlt der ew’ge Mai zurück.
Nicht so sehr am Erdenmaie
Häng‘ ich, als am Maienblick!
(12) Post nubila Phoebus
Soll der Kiel im Sande rasten,
Wenn die Wellen dich betrogen?
Warum grollest du den Wogen,
Soll der Kiel im Sande rasten?
Einmal hat das Meer gelogen,
Doch es beugt sich dem Gefassten:
Wenn die Welle dich betrogen,
Soll der Liel im Sande rasten?
(13) Willenskraft
Zwischen Wollen und Erfüllen
Bleibt das Leben immer jung.
Wage nur den kecken Sprung
Zwischen Wollen und Erfüllen!
Alles Glück liegt nur im Willen,
Wolle! Und du hast genung!
Zwischen Wollen und Erfüllen
Bleibt das Leben immer jung!
(14) Kindischer Unwille
Warum zürnest du verwegen
Auf des Glückes rasche Welle?
Mich erfreuet ihre Schnelle,
Warum zürnest du verwegen?
Nur wenn strömend sie entgegen
Dränget, kommst du von der Stelle,
Warum zürnest du verwegen
Auf des Glückes rasche Welle?
(15) Verschiedene Neigungen
Ich will nichts als Wein und Liebe,
Alles and’re geb‘ ich hin!
Ob ich eigennützig bin? –
Ich will nichts als Wein und Lieb!
Gold und Titel, im Geschiebe,
Häufet ihr, für euch Gewinn:
Lasset mir den Wein, die Liebe,
Alles and’re geb‘ ich hin!
(16) Waffenwahl
Trifft dich nicht die ernste Rede,
Treffe dich der leichte Reim!
Er befrucht‘ den Liebeskeim,
Trifft dich nicht die ernste Rede!
Liebe liebt nur leichte Fehde,
Hölty starb, es siegte Gleim.
Trifft dich nicht die ernste Rede,
Treffe dich der leichte Reim!
(17) Grausamkeit
Warum soll ich denn nicht grüßen,
Wenn du auch verwehrst den Dank?
Wandelst du an mir entlang,
Warum soll ich denn nicht grüßen?
Tief gebückt will ich es büßen,
Dass ich dich so hoch besang.
Warum soll ich denn nicht grüßen,
Wenn du auch verwehrst den Dank?
(18) Genuss der Gegenwart
Hasch‘ die Freude, die behende,
Pflück‘ die Rose, schlürf‘ den Wein.
Warum willst du traurig sein?
Hasch die Freude, die behende!
Weißt du, was der Morgen sende?
Heut‘ sind Wein und Rose dein:
Hasch‘ die Freude, die behende,
Pflück‘ die Rose, schlürf‘ den Wein!
(19) Bundesgenossen
Blumen, Liebe, Lust und Wein,
Das sind gar so schöne Dinge.
Zürnet nicht, wenn ich besinge
Blumen, Liebe Lust und Wein!
Wählet diese Kämpfer fein,
Dass das Höchste euch gelinge:
Blumen, Liebe, Lust und Wein,
Das sind gar so schöne Dinge!
(20) Einseitig
Du trafst mich mit dem Liebespfeil,
Du kleiner loser Köchergott,
Hast du mich nur zu Hohn und Spott
Getroffen mit dem Liebespfeil?
Was du vernichtet, mach‘ es heil.
Was du gestaudet, mach‘ es flott.
O richte schnell den Gegenpfeil,
Du kleiner, loser Köchergott!
(21) Winterseufzer
Wie ein Bräutigam umher
Zieht der Frühling durch die Auen.
Ach, mir wird das Herz so schwer,
Zieht der Frühling durch die Auen.
Holde Mädchen, schöne Frauen –
Meine achtet keine mehr,
Zieht der Frühling durch die Auen
Wie ein Bräutigam umher!
(22) Bestätigt
„Einsam bin ich nicht allein“,
Dieser Spruch ist sicher wahr.
Nur in großer Menschenschar
Bin ich einsam und alleine.
Doch wenn ich alleine scheine,
Fragt ihr, ob ich einsam war?
Einsam bin ich und alleine
Nur in großer Menschenschar!
(23) Gegenbeweis
Dichter lieben süße Trauben,
Lieben schöne Mägdelein.
Wie willst du ein Dichter sein?
Dichter lieben süße Trauben.
Nüchtern selbst in Rebenlauben,
Bleibst du kalt im Liebesschein:
Dichter lieben Lieb‘ und Trauben,
Wie willst du ein Dichter sein?
(24) Leichter Kampf
Mit einem kleinen Triolett
Will ich dich, kleiner Sievers, grüßen.
Du schossest plump! Ich will nur schießen
Mit einem kleinen Triolett.
Dass ich verschleudert das Sonett,
Das will mich heute baß verdrießen.
Ist nicht das kleine Triolett
Genügend stark, dich totzuschießen?
(25) Schluss
Gerne möcht‘ ich weiter tanzen,
Doch es wird zu eng das Haus.
Alle Lichter gehen aus,
Gerne möcht‘ ich weiter tanzen!
Gebet mir den leichten Ranzen!
In den Sonnenstrahl hinaus
Will ich jetzo weiter tanzen,
Denn es wird zu eng das Haus!