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Schachprobleme (4)

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Matt in 3 Zügen (J. Hönemann gewidmet)

Erschienen am 18. Oktober 1985 in der Schachecke der „Welt“ – und das einzige Problem, das ich je jemandem gewidmet habe; in diesem Fall dem Mann, der die damalige Schachjugend meiner Heimatstadt mit großem Aufwand betreut und gefördert hat!

1.Lg7 – Zugzwang; 1. … Sf2 2.Sc3+ Ke3 3.Lh6#, 1. … Sg3 2.Sxc5+ Kf4 3.Lh6#, 1. … c4 2.Ld4 ~ 3.S(x)c3#.

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Ein eigenes Sonett

Ich habe lange Zeit, Sonette! euch gemieden,
Weil euer ewig gleicher Gang
Mich in den Schlaf noch schneller sang,
Als groß ein Krieg sich hebt aus einem kleinen Frieden.

Wenn trotzdem eins von euch hier wächst, dann, weil verschieden
Die Verse sind – der eine lang,
Der zweite kurz, so dass der Zwang
Sich nicht bemerkbar macht. Ein Hoch den Unterschieden!

Jedoch: Wovon erzählt dies Ungleich-Lang-Sonettchen?!
Der Schlaf kommt in ihm vor – warum dann nicht ein Bettchen
In einen Vers hineingestellt,

In das der Frieden sich, um Kraft zu sammeln, kuschelt,
Die Augen schließt und sagt, nein, seht, er träumt schon, nuschelt:
„Ich rette, steh‘ ich auf, die Welt!“

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Erzählverse: Der Blankvers (132)

Ferdinand von Saars „Das erwachende Schloss“ zeigt den Blankvers einmal mehr als Mittel der Beschreibung. Das geht über einige Verse, da es sich aber nie langweilig liest, sollen deren alle hier folgen; in ihrer formalen Gestaltung sind sie dabei durchaus einen Blick wert!

Der Morgen dämmert. Seine ersten Lichter
Erhellen matt und kühl des Parkes Grün.
Rings tiefe Stille; leise zwitschernd nur
Regt’s in den Wipfeln sich, und aus dem Spiegel
Des Teiches schnellt ein Silberfisch empor.

Mit dicht verhüllten Fenstern lautlos liegt
Das Schloss, und in den dunkelnden Gemächern,
Vom Schlaf umfangen, liegen die Bewohner.
Selbst jene, die der kurzen Sommernacht
Langsame Stunden schlummerlos gezählt,
Im Seelenaufruhr hin und her sich werfend –
Selbst jene hat des Morgens Schauer jetzt
Zur Ruh‘ gebracht …

Noch eine Stunde. Dann ein erster Ruck –
Und nach und nach belebt sich dieses Schweigen.
Emporgerüttelt aus dem kurzen Schlaf
Der Arbeit hat die Pflicht den Dienertross.
Mit unvergnügter Hast geht er an’s Tagwerk,
Indes verschlaf’ne Bonnen, leisen Fußes,
Vorsorglich seid’nen Kinderbetten nah’n,
Und gähnend ihre Brust die träge Amme
Dem Säugling reicht, der schon nach ihr gewimmert.

Und später dann, von einsam öden Lagern,
Aus öden Träumen, heben seufzend sich
Empor die Lehrer und die Gouvernanten,
Die mit ergrau’nden Häuptern immer noch
Als lebende Vocabelntrichter wandeln.
Sie schlüpfen rasch in abgenützte Tracht
Und blicken in den Hof stumpfsinnig nieder,
Wo wiehernd schon die stolzen Rosse stampfen
Der stolzen Herren, die mit Sporngeklirr
Zum Morgenritt hinab die Treppen eilen.
So Jung, wie Alt. Mit leerer Stirn die Einen
Und leerem Herzen; And’re kühnen Geistes,
Die Brust zerwühlt vom Drang der Leidenschaften,
Von Herrschsucht, Ehrgeiz, Eifersucht und Hass,
Die Brau’n gefaltet und durchfurcht das Antlitz
Von Sorgen des Besitzes und der Macht,
Von Sorgen, die schon früh die Haare bleichen,
Doch auch zum Widerstand die Glieder stählen …

Schon blitzt es gold’ger um das Laub des Parks;
Taufrischer Rosen Duft dringt süß durch Fenster,
So man geöffnet leise zur Erquickung
Für heiße Stirnen, die auf Spitzenkissen
Im Wachen noch fortträumen jene Träume,
Wie sie die Frauen träumen …
Allgemach
Bewegen weiße Arme sich und Schultern,
Und von dem Schnee der Linnen richtet sich
In unbelauschter Pracht die Schönheit auf,
Hier im Erblühen – dort schon im Verblüh’n.

Stets höher steigt die Sonne. Würzig duften
Jasmin und Nelke. Heimgekehrt, erhitzt,
Ist schon die Reiterschaar. Einladend blinken
Unter Platanenwipfeln Silberkannen,
Von holden Lippen tönen Morgengrüße,
Es strecken zarte Hände sich entgegen
Zum Druck und Kuss; von Stimmen wird es laut,
Es klirren Tassen – und nun rollt der Tag
Durch jedes Leben dieser Welt im Kleinen,
Der Tag mit seinem Schicksal – bis sich wieder
Zum Schlummer sanft das letzte Aug‘ geschlossen.

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Die Korrelation (6)

Die barocken Poetiken nannten die „versus rapportati“ oft „Trittverse“ oder „Trittreime“, wofür die 1709 erschienene „Erneuerte und verbesserte Grammatika Seyboldi“ folgende Erklärung anbietet:

Ein Trittvers ist, in welchem der Leser über eines, zwei oder mehr Wort treten muss, wofern er die rechte Meinung finden will.

Das ist doch einmal … sinnig. Passend auch, dass vom „Leser“ gesprochen wird – derlei ist zumeist so umfänglich, dass das Auge dem Ohr zur Hilfe kommen muss!

Das gegebene Beispiel ist in dem Scan, in dem ich es gefunden habe, leider durch einen Tintenschmierer nicht ganz zu erkennen – aber auch das kann einmal vorgeführt werden:

(1) Zo- ) Liebe, (3) Müßiggang (1) verderbet, (2) raubt, (3) entfernet
(1) Den – 2) die Seele, (3) Gott. Wohl dem, -ers anderst lernet.

Die Zahlenangaben machen wunderbar klar, was sich aufeinander bezieht; was zusammengehört. Das Unleserliche, nun ja: das kann man auch als nettes Rätsel sehen oder als zusätzlichen Reiz – so wie Reste aus der Vergangenheit, die nur eine Ahnung zulassen, eben reizvoll sind.

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Erzählverse: Der Hexameter (188)

Erich August Mayer erzählt im 1935 erscheinenen „Palusmarkt 17“ Wiener Geschichten aus der Zeit zwischen den Weltkriegen. Da taucht dann auch Hexameter-ungewohntes auf, zum Beispiel ein Motorrad, das für eine Ausfahrt mit der Freundin vorbereitet wird:

Und nun kommt der große Moment, mit Spannung erwartet:
Ob der Motor gehorcht? Schon gibt mit wuchtigem Fuße
Pepi den nötigen Tritt und – ah! – es gehorcht die Maschine.
Knatternd rattert der Motor, es scheppert und klirrt das Gestänge,
Blauer Dampf entpufft aus dem Rohr aus stänkerndem Trichter,
Und der Pepi grätscht seine Beine, lenkt nun das Untier
Langsam umher im Kreis, gleich wie beim Rennen der Pferde
Vor dem rasenden Lauf mit dem Renner sich brüstet der Jockei.

Dieser Pferdebezug und -vergleich wird wenig später wieder aufgenommen:

Selbst Bukephalus mag, Alexanders stütziges Streitross,
Als er hufeschlagend und schnaubend im Zügel sich bäumte,
Nicht so bedrohlich erschienen sein den staunenden Freunden,
Wie dies stählernde Ross, das schnaubt und pumpert und rasselt
Und – hm, leider! – auch stinkt und Qualm verteilt in die Nasen.

Aber das ist nur ein kurzer Schwenk zu Antikem:

Wenn man’s näher bedenkt, verlangt’s nicht Mut von dem Mädchen?
Feuer hat es im Leibe, das Ross aus Eisen und Gummi,
Explosionen treiben es hin auf der wandernden Straße.
Sitzt du nicht auf einem Vulkan? Ein Funken zersprengt ihn.
Doch „Jahrhundert der Technik“ heißts! Wen schrecken noch Funken,
Dynamit und Benzin? Längst sind sie vom Menschen gebändigt.
Also fasst sich das Mädchen ein Herz, hebt zierlich das Füßchen,
– „Hübsche Wadln, schau her!“ sagt zungeschnalzend ein Kenner –
Reckt den Körper gar rank und sinkt auf das wartende Leder.

Dann geht es los:

Grässlich poltert das Rad, es tobt der Stank zu den Himmeln.

Und das ist heute auch nicht anders, fürchte ich …

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Einsilbig

Wo der Frosch sitzt, ist das Gras grün wie der Frosch.
Wo der Frosch fehlt, ist das Gras grün wie es selbst.
Wo der Frosch fehlt und das Gras fehlt,
Ist das Grün frei und ist grün.

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Rubai mit Gemse und Mensch

Des Berges Flanke emporhuft in selbstgewisser Manier,
Die Pfarrhaustreppe emporstuft in selbstgewisser Manier
Hier Gams, hier Mensch – wer hinansteigt, ist sich des Zieles bewusst,
Das gipfelwärts er emporruft in selbstgewisser Manier.

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Ohne Titel

Die Liebe ist, was uns verbindet,
Was in uns zueinander findet,
In uns sich trennt,
Wenn keiner mehr den anderen kennt:
Das ist die Liebe.