Erzählverse: Der Blankvers (78)

Blankverse reimen sich nicht; täten sie es, wären es keine. Manchmal schließt aber ein in solchen ungereimten iambischen Fünfhebern geschriebener Text mit einem Reimpaar, wodurch das Ende noch einmal besonders gekennzeichnet und herausgehoben wird. Ernst Freiherr von Feuchterslebens „Posa“ ist dafür ein Beispiel:

 

Du träumst so schön. Dir dünkt die Welt so gut,
Weil du es bist. Du öffnest deinen Busen,
So treu, so warm, so groß: es hätte drin
Die ganze Menschheit Raum. O schließ ihn wieder!
Mir ist, als säh ich schon den Pfeil gelegt,
Der auf ihn zielt. Die Welt erträgt es nicht,
Dass man sie liebend wähnt, die giftdurchdrungne;
Ach! liebst du zweifach, wird sie zweifach hassen:
Sie schlingt den Arm um dich; du musst erblassen.

 

Das ist, in der Wortwahl, heute nicht mehr ohne Widerstand lesbar?! Der Schluss aber gewinnt durch den Reim an Gewicht! Noch deutlicher ist dies am Schluss von Feuchterlebens „Hamlet“:

 

Dies ist die Welt. Wer ihr vom Antlitz kühn
Die Larve reißt, wird siegen, und wird leben;
Doch wer, wie du, den Gram in sich versenkt,
Denkt, dass er stirbt, und stirbt indem er’s denkt.

 

Das ist fester durch den männlichen, betonten schließenden Reim; und betreibt nebenher auch noch einigen rhetorischen Aufwand, wodurch dieser Textschluss sich doch nachdrücklich vermittelt!