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Schachprobleme (3)

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Matt in drei Zügen

Ein kleiner Dreizüger, am 10. Oktober 1985 im „Stern“ erschienen. Der Betreuer der dortigen Problemsparte, Hans Klüver, war wahrscheinlich genau so wie ich ziemlich unsicher, ob ein so schlichtes Problemchen nicht schon zuvor jemand anderem eingefallen war – „einfach mal so“ in einer Online-Datenbank nachsehen konnte man damals noch nicht; aber ich denke, das lief dann milder betrachtet unter „Nachwuchsförderung“.

1.Ta1 cxb4 (1. … Kxb4 2.Ld2#) 2.Ka2 Kxc2 3.Tc1#

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Rubai von der Ursache und der Wirkung

Wenn himmelhellend ein Licht zuckt, geschieht das, weil es sich reimt,
Wenns donnert und sich ein Wicht duckt, geschieht das, weil es sich reimt,
Weil Dingen Dinge gemein macht ein klangverliebter Poet;
Und wenn ihm eins ins Gesicht spuckt, geschieht das, weil es sich reimt.

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Ein altes Lied

Trafen sich zwei kluge Menschen
(Klug fürwahr! denn niemand wusste
Von den Taten, die sie taten,
Nicht die Eltern, nicht die Kinder,
Nicht der Staat und nicht die Freunde,
Nicht die andern klugen Menschen,
Und am wenigsten sie selber),
Trafen sie sich nicht? Wer weiß es.

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Angestrichen & verbessert

Ein Gespräch unter Malermeistern

„Du weißt nicht, wie die Farben heißen?!“
„Helft! Kommt, die Wände einzureißen,
Die Mauern und die Wälle!“

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Nachbarlich

Klopfe von Zeit zu Zeit an die Tore der Nacht, ob sie auftut!
Sie tut nicht auf; doch an dein Tor
Kommt sie zum Schluss, und sie klopft.

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Erzählverse: Der Hexameter (187)

Das Beiwort im Hexameter (V)

August Wilhelm Schlegel merkte zum „schwerhinwandelnden Hornvieh“ samt vergleichbaren Bildungen an:

Freilich ist die Zusammensetzung nicht echt, und zerfällt von selbst wieder in ihre Bestandteile. Die erste Silbe bleibt, trotz der Weglassung des Zwischenraumes beim Schreiben, ein eignes bestimmendes Nebenwort, da es durch nichts von dem, was die wahre Wortvereinigung erfordert, mit dem darauf folgenden Partizipium in Eins verknüpft wird. Vo trennt selbst einmal Il.XXI,524: „in trüb aufstürmender Brandung“. Was ihm diese Zusammenstellung empfohlen hat, ist ohne Zweifel ihre prosodische Beschaffenheit.

Da ist was dran – wenn Voß im Stolberg-Text aus (186) diese (schönen!) Verse hat:

Und nun trat aus dem Licht ein Unsterblicher: seine Gestalt war
Morgenglanz, sein Gewand ein feurigwallender Nordschein.

Dann könnte da statt „feurigwallender“ genausogut „feurig wallender“ stehen?! Aber hm … Bei

Und zur Priesterin weiht‘ ich die keusche, heilige Jungfrau
Im Orakel der hohen Natur: dass sie täglich, mit Nektar
Sprengend die sternenhellen und töneduftenden Kränze,
Aus dem Getön weißsagte; und Völker von Morgen und Abend
Beteten an die Natur, des Unendlichen sichtbare Gottheit.

könnte statt „töneduftenden“ auch „Töne duftenden“ stehen; allerdings, je nach Zusammenhang, könnte es auch „von Tönen duftenden“ meinen, und dann wäre es mit reinem Auseinanderschreiben ja nicht getan!

Suche den einsamen Nachtigallhain, den rosenumblühten,
Murmelnden Bach, und den See, mit Abendröte bepurpert,
Und im reifenden Korne den haselbeschattenen Rasen;

Hier ist es eindeutig, denke ich: „von Rosen umblühten“, „von Hasel beschattenen“. Und dann ist das eine Wahl, die den Schreibenden hilft: in der Zusammenschreibung fällt eine leichte Silbe weg, in der Auseinanderschreibung steht eine leichte Silbe zur Verfügung! Und das gibt Möglichkeiten beim Versbau.

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Erzählverse: Der Hexameter (186)

Das Beiwort im Hexameter (IV)

Was uns ein ungewöhnliches Beiwort ist, war nicht immer eins. „Fernherwandelnd“, wie bei Hölderlin, findet sich zum Beispiel auch bei Siebenpfeiffer. Bei dem geht eigentlich eher das Lämpchen „Hambacher Fest“ an; aber Hexameter hat er auch geschrieben, so diese beiden aus „Rudolph und Helmina“:

Frühe, begleitet vom Strahl der fernherwandelnden Sonne,
Stiegen die beiden hinan den sanft sich hebenden Fahrweg.

Andere „Fernher-Bildungen“ sind „fernherrauschend“, „fernherklingend“, „fernhertönend“, „fernherflüsternd“, „fernherkommend“ – oder „fernherschreitend“, was ich eben in „Der verlorene Sohn“, einer „epischen Schilderung“ nach biblischem Vorbild von einem Pfarrer namens Trautschold, gelesen habe:

Liebe zum Leben, du tief im Herzen verschlossener Funken,
Wunderbarer und mächtiger Trieb: Wie flammest du hoch auf,
Wenn das Verderben, das grässliche, fernherschreitend uns nachsetzt!

Neben Hölderin ist mir aber in dieser Hinsicht vor allem Voss im Ohr (Aus „An Friedrich Leopold, Grafen zu Stolberg“):

Allda ruht‘ ich vom sinnenden Gang‘, am beschatteten Bergquell,
Horchend der lockenden Wachtel im grünlichen Rauche der Ähren,
Und dem Wogengeräusch, und dem fernhersäuselnden Südwind.

Und da gibt es noch Dutzende Bildungen, von denen ich nichts weiß … Wie sieht es denn mit „fernhinwandeln“ aus? Wo ein „her“ ist, ist auch ein „hin“:

Nicht ist es unser Geschenk, was der fernhinwandelnden Erde
Wir zu göttlichem Trost bringen aus himmlischem Land!

Das ist nun allerdings ein Distichon, aus Mosengeils „Dichterweihe“. Womit wir aber einen Schritt näher sind an der Quelle solcher Beiwörter: Homer, beziehungsweise seiner Übersetzung durch Voss. Aus der Ilias:

Doch du weidetest, Phöbos, das schwerhinwandelnde Hornvieh
Durch die waldigen Krümmen des vielgewundenen Ida.

Und dieses „schwerhinwandelnde Hornvieh“ hat dann durchaus Karriere gemacht …