1969 ist bei Heimeran der kleine Band „Römische Grabinschriften“ erschienen, der auf 250 Seiten 660 lateinische Grabinschriften versammelt, zusammengetragen und übersetzt von Hieronymus Geist.
Das ist schon an und für sich ein Buch, das anzusehen sich lohnt – dazu kommt aber, dass viele dieser Inschriften auch metrisch geregelt sind, also zum Beispiel aus Distichen bestehen; oder aus einzelnen Hexametern. Die klingen dann traurig oder fröhlich, geschäftsmäßig oder auch ganz anders – Nr. 437 auf Seite 165:
Quid tibi nunc prodest stricte vixisse tot annis
Laut Geist zu finden auf einem Grabstein aus dem Rom des 2. Jahrhunderts. „Was nützt es dir nun, so viele Jahre streng (nach Vorschrift) gelebt zu haben?“ wäre wohl eine wörtliche Übersetzung, aber Geist versucht in seiner Übertragung, den Hexameter beizubehalten:
Was hast du nun davon, dass einwandfrei du gelebt hast?
Allerdings ist die Versbewegung am Anfang schwer zu erkennen:
Was hast du / nun da- / von, || dass / einwand- / frei du ge- / lebt hast?
– Das liegt vielleicht daran, dass die Betonung vom Sinn her eher auf dem „hast“ liegt als auf dem „Was“?! Ich grübele schon eine Zeit, wie man den Vers besser ins Deutsche bekommt; so richtig eingefallen ist mir aber noch nichts. Vielleicht hat ja jemand anders eine Lösung?
Ein spitzzüngiger Grabstein, jedenfalls!