Erzählverse: Der Hexameter (45)

Meine Wilhelm-Busch-Ausgabe habe ich von meinen Eltern geerbt – diese Anfang der Sechziger erworbenen zwei Bände, erschienen bei Bertelsmann, aus denen ich in jungen Jahren dann meinen ganzen „Busch“ verinnerlicht habe.

In „Fipps der Affe“ finden sich im zehnten Kapitel folgende Verse:

 

„O verehrtester Freund!
Nichts gehet doch über die hohe Weisheit
der Mutter Natur. –
Sie erschuf ja so mancherlei Kräuter,
Harte und weiche zugleich,
doch letztere mehr zu Gemüse.
Auch erschuf sie die Tiere, erfreulich,
harmlos und nutzbar;
Hüllte sie außen in Häute,
woraus man Stiefel verfertigt,
Füllte sie innen mit Fleisch
von sehr beträchtlichem Nährwert;
Aber erst ganz zuletzt,
damit er es dankend benutze,
Schuf sie des Menschen Gestalt
und verlieh ihm die Öffnung des Mundes.
Aufrecht stehet er da,
und alles erträgt er mit Würde.“

 

In dieser Form haben sich mir die Verse auch eingeprägt. Eigentlich aber sind es Hexameter:

„O verehrtester Freund! Nichts gehet doch über die hohe
Weisheit der Mutter Natur. Sie erschuf ja so mancherlei Kräuter,
Harte und weiche zugleich, doch letztere mehr zu Gemüse.
Auch erschuf sie die Tiere, erfreulich, harmlos und nutzbar;
Hüllte sie außen in Häute, woraus man Stiefel verfertigt,
Füllte sie innen mit Fleisch von sehr beträchtlichem Nährwert;
Aber erst ganz zuletzt, damit er es dankend benutze,
Schuf sie des Menschen Gestalt und verlieh ihm die Öffnung des Mundes.
Aufrecht stehet er da, und alles erträgt er mit Würde.“

Wer hat sie auseinandergenommen, meist, aber nicht immer an der Zäsur; und warum?! Dass ursprünglich einmal Hexameter da gestanden haben, scheinen mir Großschreibungen nahezulegen, die den Hexameter-Anfang kennzeichneten, aber in der umgebrochenen Fassung falsch sind: „Füllte“, „Schuf“. Aber eigentlich kann das auch gerne ein Rätsel bleiben, man muss nicht alles wissen, und manchmal ist ein kleines Geheimnis sehr anziehend.

Warum Busch hier Hexameter geschrieben hat, ist dagegen nicht so schwer zu verstehen: Es handelt sich um eines Professors „belehrende Rede“, und der Gegensatz zwischen dem ernsten, getragenen Tonfall des Hexameters und der Wunderlichkeit des Inhalts wirkt herrlich unpassend; und damit, wie erwünscht,  komisch.

Auch stechen die Verse sehr heraus, denn den restliche „Fipps“ beherrscht der kennzeichnende Ton der Reimverse Buschs – so im vierten Kapitel:

 

„Pudding“, sprach er, „ist mein Bestes!“
Drum zum Schluss des kleinen Festes
Steht der wohlgeformte große
Pudding mit der roten Soße
Braun und lieblich duftend da,
Was der Freund mit Wonne sah.

 

Grießpudding mit Erdbeeren mochte ich als Junge sehr gern. Ob das der Grund war? Jedenfalls habe ich diese Verse damals auswendig gelernt – und die schönen Hexameter nicht …

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