Erzählverse: Der trochäische Vierheber (24)

Unbeweglich ruhn die Wasser,
Und die Terebinthenhaine
Und die dunklen Sykomoren
Spiegeln sich in tiefer Flut.
Wie ein schwarzer Grabeshügel,
Welchen Marmorvasen kränzen,
Kauern Büffel dort am Ufer,
Und auf ihrem Rücken nistet
Alabasterweißer Vögel
Frühlingsjunge Wasserbrut.
Rötlichbraune Tauben gurren,
Wiegen sich auf Palmenzweigen.
Und die Palmen bilden Säulen,
Ihre Kronen ein Gewölbe.
Dort in einsam dunklen Hallen
Fand der Mensch den ersten Tempel,
Kniete hin in Morgenandacht,
Kindlich wie die Welt umher.

Greis und altklug, blutbesudelt,
Gähnt sie heute, hoffnungsleer.

 

Verse von Carl Bleibtreu. Abgesehen davon, dass Begriffe wie „Terebinthen“ und „Sykomoren“ allemal die Allgemeinbildung und den Wortschatz befördern, steht man als Leser erst einmal leicht verwirrt vor all den vom Dichter aufgeführten Dingen. Warum, wozu? Aber der Vierheber leitet hier sicher, und so lässt man sichs gefallen, bis dann der Schluss die Auflösung bringt.

Bemerkenswert auch der Reim, „-her / -leer“, der im Gegensatz zu einem zuvor aufklingenden, „Flut / -brut“, auch wirklich wahrnehmbar ist durch die Nähe der Reimworte … Gehört das Reimen dann auch zum „greis sein“, zum „altklug sein“? Oder ist es einfach nur ein Mittel, die abgesetzten Schlussverse über den Klang doch wieder enger anzubinden und den Text nachhaltig zu schließen?!

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