Ein recht bekannter Text von Theodor Fontane, „Die Alten und die Jungen“:
„Unverständlich sind uns die Jungen“
Wird von den Alten beständig gesungen;
Meinerseits möcht ich’s damit halten:
„Unverständlich sind mir die Alten.“
Dieses am Ruder bleiben Wollen
In allen Stücken und allen Rollen,
Dieses sich unentbehrlich Vermeinen
Samt ihrer „Augen stillem Weinen“,
Als wäre der Welt ein Weh getan –
Ach, ich kann es nicht verstahn.
Ob unsre Jungen, in ihrem Erdreisten,
Wirklich was Besseres schaffen und leisten,
Ob dem Parnasse sie näher gekommen
Oder bloß einen Maulwurfshügel erklommen,
Ob sie, mit andern Neusittenverfechtern,
Die Menschheit bessern oder verschlechtern,
Ob sie Frieden sä’n oder Sturm entfachen,
Ob sie Himmel oder Hölle machen –
Eins lässt sie stehn auf siegreichem Grunde:
Sie haben den Tag, sie haben die Stunde;
Der Mohr kann gehn, neu Spiel hebt an,
Sie beherrschen die Szene, sie sind dran.
Wie immer beim Knittel muss man ein wenig schauen, wo die Betonungen sitzen; aber meist ergibt sich die Bewegungslinie der Verse ganz selbstverständlich. Etwas ungewöhnlich vielleicht dieser Vers:
Oder bloß einen Maulwurfshügel erklommen,
Da sollte man, denke ich, zwei zweisilbige Worte in die (dann zweisilbige) Senkung „drücken“ und dafür das „bloß“ durch Betonung herausheben?! Tönt mir am sinnigsten …
Die kursiven „sie“ des Schlussverses hat meine Fontane-Ausgabe so; das zweite ist kein Problem, aber wie die Hervorhebung fürs Auge – das Kursive – eine Hervorhebung fürs Ohr werden kann im Vortrag; das weiß ich nicht recht, irgendwie klingt der Vers dann eigenartig?!
„Ob“ steht oft am Versbeginn, aber da mal betont, mal unbetont, fällt das gar nicht auf …
„Eurer Augen stilles Weinen / Kann ich nicht verstehn.“ hat Schiller im „Ritter Toggenburg“ geschrieben; ich nehme an, darauf nimmt Fontane Bezug?!