Das Ein-Vers-Gedicht (8)

Fliehet, euch mit dem zu gatten, was Verderben nach sich ziehet.

 

– Wenn man ein Ein-Vers-Gedicht durch einen Vorne-Hinten-Reim gestalten kann, wie in (7) angeregt: wie lang kann dann der Vers sein, bevor der Gleichklang an Versbeginn und Versende nicht mehr hörbar ist?! Der oben angeführte Vers ist ein trochäischer Achtheber, geschrieben von Catharina Regina von Greiffenberg (im 17. Jahrhundert, wie die „Langformen“ fliehet, ziehet schon vermuten lassen), und er legt nahe: Bei dieser Länge liegt irgendwo die Grenze.

Obwohl der Vers als Sinnspruch gut alleine stehen kann, als Ein-Vers-Gedicht, hat ihn von Greiffenberg so nicht gedacht; er stammt aus einem längeren Gedicht, „Ketten- oder Ringel-Reimen“, und wenn man den Vers davor dazunimmt, sieht man: da reimt sogar die Versmitte!

 

Lasset den beleidten Schatten, diese Welt: den Himmel fasset.
Fliehet, euch mit dem zu gatten, was Verderben nach sich ziehet.

 

Schon eigenartige Verse, bei denen mir der Vorne-Hinten-Reim wirkmächtiger erscheint; und die daher brauchbare Ein-Vers-Gedichte abgeben, selbst wenn durch die Vereinzelung der Mittelreim wegfällt.

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