Die Bewegungsschule (30)

TAM ta ta TAM ta“, diese fünfsilbige Einheit wurde im letzten Eintrag als eigenständiger Vers vorgestellt; hier soll es nun um ihr Vorkommen in anderen Versarten gehen.

Da ist zuerst und vor allem sicher der Hexameter zu nennen, der im vorderen und mittleren Bereich unendlich vielfältig ist in seinen Silben- und Bewegungsmustern, am Schluss aber immer dieselben Wendung nutzt; eben das „TAM ta ta TAM ta“. Wer mag, kann dazu bei „Der Hexameter“ (36) und (37) nachlesen!

Auch in der „Sapphischen Odenstrophe“ kommt das „TAM ta ta TAM ta“ als Schlusswendung vor; da ist es sogar fürs Auge abgesetzt und füllt den vierten Vers! Inhaltlich ist es allerdings oft sehr eng mit dem dritten Vers verknüpft. Ich führe als Beispiel eine Ode von Josef Weinheber an, entnommen seinen 1954 bei Müller erschienenen „Gesammelten Werken“ (2. Band, Seite 418):

 

Beug dich, Fremder, liebend hinab! Die Liebe
zwar ist stumm. Nein, stumm nicht, sie redet nur mit
andern Zungen – oh eine Sprache, fast schon
totengewaltig –

nah den Tränen. Aber das Tränennahe
ist so schön wie schrecklich. Und beide Reiche
gehn hinein, sind dort zu versöhnen; dass nur
ja das Geliebte

stark sei in des Liebenden Feuer; stark ge-
nug, in eins zu betten die Mächte: Guter
Hoffnung. Dies zum währenden Zeichen in den
langen Geschlechtern.

Leicht zerstörbar, dennoch der Prüfung trotzend
mit dem Sieg der Liebenden: Tun und Dulden
binden – schöner, schrecklicher Mensch! – dich ewig
an deine Sterne.

 

Stark geformte Sprache, die aber dem Rahmen der Odenstrophe gerecht wird?!  Der Kurzvers am Strophenende, um den es hier ja geht, ist zweimal sehr deutlich ausgeprägt in der Bewegung – „totengewaltig“, „langen Geschlechtern“ – und zweimal nur erkennbar aus dem Wissen um die vorgegebene Bewegung heraus: „ja das Geliebte“, „an deine Sterne“.

Trotzdem, auch hier, wie im Hexameter: ein nachdrücklicher und wiedererkennbarer Schluss.

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