Einer der bekanntesten und wichtigsten Knittelvers-Schreiber des 16. Jahrhunderts war Hans Sachs, der den Vers zum Beispiel in Fastnachtsspielen gebraucht hat. Als Ricarda Huch 400 Jahre später ihre „Fastnachtspossen“ geschrieben hat, und in denen dann sogar Hans Sachs vorkam, ins Jetzt versetzt: da wundert es nicht, dass diese Stücke im Knittelvers geschrieben sind!
So erklärt zum Beispiel ein Dr. Hugo Zürner Hans Sachs, was es mit Margarine auf sich hat (zu finden in Huchs gesammelten Werken, erschienen bei Kiepenheuer & Witsch, im fünften Band auf Seite 660):
ZÜRNER
Man mache halt immer gute Miene,
Dann schmeckt statt Butter auch Margarine!
SACHS
Was ist denn das nun, Zapperlot?!
ZÜRNER
Das ist ein Kunstprodukt der Not.
Die Armen und Ärmsten, denen es kläglich
Und traurig geht, die können ihr täglich
Stück Brot mit Butter und Schmalz nicht bestreichen!
Um diesen Notstand auszugleichen,
Bemühten sich kluge Köpfe unsäglich,
Bis man ein Surrogat erfand –
Nun hat ein Ende der Übelstand.
Man wollt es färben grün oder rot,
Um Kunst und Natur zu unterscheiden;
Doch was hilft Schminke der blassen Not?
Drum wollens die Volksvertreter nicht leiden,
Dass die Chemie die Nahrung bedroht.
Zwar hab ich das chemische Wort nicht behalten,
Auf deutsch wars ungefähr so gestalten:
Vereklioschmieripfuideibelloid –
Misübelschlimmkotzidulbrechoperfid.
Wär solch ein Vorgehn nicht sehr herb?
Das wär doch unlaut’rer Fettbewerb!
Das wird hintenraus nun ziemlich albern, mit dem Wortspiel des Schlussverses und allem; aber das ist einer Fastnachtsposse ja durchaus am Platze. Die Verse jedenfalls bewegen sich überzeugend meinem Ohr nach; man findet die Bewegungslinie ohne Schwierigkeit, und der Vortrag hat dann Schwung und macht Spaß. – Einfach selbst versuchen! Die Ein-Vers-Wörter kann man da ja als sportliche Herausforderung nehmen; oder einfach weglassen.