Die Veröffentlichung

Bisher habe ich noch keinen Eintrag in der Kategorie “Allgemein” abgelegt – das soll sich nun ändern! Grund dafür ist ein Buch von Tony Kellen mit dem gewichtigen Titel “Die Dichtkunst”, erschienen in den Jahren vor dem ersten Weltkrieg. Darin heißt es ganz am Schluss:

 

Die Veröffentlichung von Gedichten

Dichter lieben nicht zu schweigen,
Wollen sich der Menge zeigen
.
– Goethe

Es kann niemand, dem einmal ein Gedicht gelungen ist, verwehrt werden, es dem Kreisblatt oder dem Generalanzeiger der nächsten Stadt zu schicken, aber wenn es gedruckt wird, so glaube er ja noch nicht, ein großer Dichter zu sein.

Leider lassen sich manche Dilettanten, denen einmal ein Gedicht gedruckt worden ist, durch ihre Eitelkeit verleiten, noch weiter zu dichten, und da es schwer fällt, viele Gedichte in Zeitungen oder Zeitschriften unterzubringen, so sieht der betreffende Dilettant sich bald im Besitze einer ganzen Menge geschriebener Gedichte, die er nun um jeden Preis in Buchform gedruckt sehen will. Erst versucht er es bei einem Verleger, dann bei einem zweiten, dritten, vielleicht sogar zehnten oder zwanzigsten, und wenn er das Manuskript immer wieder zurückerhalten hat, entschließt er sich, die Sammlung auf seine Kosten drucken zu lassen. Es gibt ja jetzt in Deutschland eine ganze Reihe von Verlegern, die lediglich von der Eitelkeit und Dummheit der Dichterlinge leben. Diese Verleger lassen sich die Herstellungskosten mehr als reichlich bezahlen, tun aber nichts für den Vertrieb, weil sie wissen, dass das völlig zwecklos wäre, und schließlich sehen die Verfasser ein, dass sie besser getan hätten, ihre Gedichte ungedruckt zu lassen.

 

Soviel hat sich geändert in den hundert Jahren, die verstrichen sind, seit diese Zeilen geschrieben wurden – aber manches hat sich eben auch gehalten; eine gewisse Sorte von Verlagen, zum Beispiel.

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