Erzählverse: Der Hexameter (60)

Justus Friedrich Wilhelm Zachariä: Murner in der Hölle (3)

Anfang des dritten Gesangs ist Murner zurück im Schloss – als Gespenst. Er begegnet Lisette, die sich daraufhin schreckstarr in ihrem Bett verkriecht; dann geht es zu Raban hin.

 

Aber der Schatten des Katers begab sich zur Kammer des Alten,
Schnaubte Rache, sprang wild auf den Tisch, auf welchem ein Nachtlicht
Sterbende blaue Strahlen verstreute. Die zitternde Flamme
Fuhr in die Höh‘ und erlosch; d’rauf schallte durch’s einsame Zimmer
Murners Totengeheul. Der Alte fuhr auf aus dem Schlafe,
Furchtsam und blass; da sah er den Cyper mit glühenden Augen,
Welcher höllische Flammen aus seinem Nasenloch brauste.
Schrecklich riss er den Mund auf und schrie. Vom wilden Geheule
Schallte das Schloss, und endlich verschwand der spukende Murner.

 

Schließlich sucht er Rosaura auf und bittet sie, während sie schläft, wortreich darum, seinen Leichnam doch zu bestatten. Er schließt mit diesen Worten:

 

Gib den armen Gebeinen ein Grab, und gönne die Ruhe
Seinem irrenden Schatten, dass ihm der mürrische Charon
Über die Stygische Flut die Fahrt verstatte; dass nicht mehr
Sein gepeinigter Geist mit andern Gespenstern umhergeh‘,
Und in finsterer Nacht mit seiner Erscheinung erschrecke.
Also sagte der Schatten des Katers, und flog in die Lüfte.

 

Am nächsten Morgen macht Rosaura sich Vorwürfe und beschließt, Murner schnell bestatten zu lassen; Raban und Lisette unterstützen das (wen wundert’s!). Den Auftrag dazu erhält Conrad, der Gärtner; der

 

Ging auf den Hof, und nahm auf den Spaten den Leichnam des Cypers,
Trug ihn unter die Linden, und legte die starren Gebeine
Tief in ein kühles Grab. Gleich flog sein irrender Schatten
Wieder zur Hölle hinab und mischte sich unter die Seelen,
Die zum schwankenden Kahn des alten Charons sich drängten.

 

– Womit der dritte Gesang endet. Viel gibt es aus formaler Sicht nicht zu sagen; er ist geradeaus erzählt, und die verwendeten Verse sinn nicht zu beanstanden – alles gute, sichere Hexameter. Inhaltlich gefällt mir Murners Erscheinen bei Raban sehr gut, das hat wieder so etwas Slapstickhaftes und ist auch in der zeitlichen Abstimmung wunderbar erzählt?!

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