Erzählverse: Der iambische Trimeter (14)

Friedrich Schlegels Drama „Alarcos“ kennt heute kaum noch einer; und das zu Recht. Vom Vers her gedacht ist es aber doch einen Blick wert, denn Schlegel verwendet hier neben vielen anderen Versmaßen auch den Trimeter und versucht dabei eine gänzlich neue Art von Gestaltung: Er lässt die Versenden assonieren, und nicht nur das, er weist den einzelnen Vokalen dabei auch noch bestimmte Aufgaben zu – bestimmte Ausdruckswerte. Ein Beispiel aus dem zweiten Akt:

 

CLARA
Ganz fremd, verwandelt ganz, betratst du heut dein Schloss.
In froher Liebe naht‘ ich dir, dein Weib, getrost;
Du trittst zurück und machst mich vor den Dienern rot.
Es rührt dich nicht mein Blick, das Kind dich nicht im Schoß,
Ja seltsam heftig willst du und befiehlst, ich soll
Gleich es entfernen, fort aus deinen Augen, fort;
Ich war erstaunt, doch hab‘ ich schweigend dir gehorcht.

ALARCOS
Es frisst am innern Leben oft ein bittrer Wurm;
Dann wird der kalte Schmerz der schönen Liebe stumm.

 

Der Dialog ist länger, aber die letzte (betonte) Silbe in Claras Versen hat bis zur gezeigten Stelle immer ein „o“ als Vokal; bei Alarcos ist es immer ein „u“. Was über zwei, drei Verse kaum auffiele, hat über sieben Verse hinweg doch eine deutlich vernehmbare Wirkung!

Insgesamt eine ungewohnte Art, mit dem Trimeter umzugehen; aber warum nicht?! Ich glaube, so könnten wirksame Texte entstehen. Im Falle Schlegels gelingt das allerdings kaum, auch, weil er in seinen Trimetern kaum Zeilensprünge einsetzt und die Satzeinheiten ganz oft mit den Verseinheiten zusammenfallen; und dadurch wird der Vers … träge? Schlaff?! Irgendwie so; in jedem Fall langweilig, es macht keinen Spaß, ihn zu lesen. Wer mag, kann sich ja selbst einen Eindruck verschaffen und dabei nach dem passenden Begriff suchen; allerdings findet er dann auch diesen Vers des Alarcos, etwas später im Dialog (Clara und Alarcos sind inzwischen zu trochäischen Siebenhebern gewechselt):

 

Worte gibt es nirgend für den Abgrund dieser Tat.

 

Die Tat ist das wüste Durcheinander aus Versen und Formen, zu dem Schlegel den „Alarcaros“ gemacht hat; und Worte dafür, der Vers sagt es: gibt es nicht. Nicht mal eines.

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