1885 ist bei Kröner der „Briefwechsel zwischen Hermann Kurz und Eduard Mörike“ erschienen, ein schmaler Band, in den hineinzuschauen wahrscheinlich nur lohnt, wenn man Mörike wertschätzt?! Ich tu’s, und lese also diesen Briefwechsel und habe in einem Brief Mörikes aus dem Sommer 1837 diese Sätze gefunden:
„Ihre zwei schönen Distichen können sehr wohl für sich bestehen. Mir scheint, sie enthalten die Summe der ganzen Elegie.“
Besagte Distichen finden sich im Brief Kurz‘, auf den Mörike mit seinen Zeilen antwortet:
Mählig versinken die Dächer der Stadt und die Zinnen des Schlosses,
Hülle sie, abendlich Licht, in ein verklärendes Rot!
Aber mich führt ihr hinweg, ihr Musen und Grazien rettend!
Kühlere Morgenluft haucht um die Schläfe mir schon.
Kurz begleitet diese Verse mit den Sätzen:
„Diese Versart, die mir immer so lieb war und von der ich leider in meiner Unmündigkeit mich auch durch die moderne Lyrik habe abschüchtern lassen, ist mir nun durch Sie zu besonderem Danke bestätigt worden; ich mag sie aber bloß in der „ungestiefelten“ Form, wie auch Goethe und Schiller schreiben. Das beste, was ich gemacht habe, sind zwei Verse aus einer Elegie beim Abschied von Tübingen 1835, die in einer vierwöchentlichen Faulenzerei nicht zu Stande gekommen ist.“
Hm.
Also wenn ich das recht verstehe, konnte Mörike vier Verse als „Summe“ einer Elegie erkennen, die er nicht nur nicht gelesen hat; sondern die noch nicht einmal geschrieben wurde …
So sind sie halt, die großen Dichter.
(Ich bin keiner, und vielleicht liegt es daran – aber wirkich gut gefallen mir Kurz‘ Verse nicht?!)