Nun kann man zwei Verse sehr vieler Vers-Arten zu einem Reimpaar zusammenfügen; hier soll es aber um das Reimpaar aus zwei iambischen Vierhebern gehen!
Diese Form ist so alt wie die deutsche Dichtung selbst, und dementsprechend groß sind die „Altlasten“, die man sich ans Bein bindet, wählt man sie … Ich bin nicht wirklich sicher, ob im 21. Jahrhundert noch so erzählt werden kann; aber ausschließen will ich es auch nicht. Daher stelle ich hier im weiteren einige Texte vor, die so gebaut sind, und dann mag jeder für sich entscheiden!
Den Anfang macht ein Text von Franz Werfel, „Die Fremdheit“; zu finden in seinen Gesammelten Werken, genauer, im Band „Das lyrische Werk“ (Fischer 1967), auf Seite 440.
Ein Reimpaar aus imabischen Vierhebern sieht so aus:
x X / x X / x X / x X a
x X / x X / x X / x X a
– Jedenfalls, solange man keine „weiblichen Reime“ zulässt, also den Vers auf eine unbetonte Silbe enden lässt. So hält es Werfel, und er stellt auch jeden einzelnen Vers heraus, indem er kaum Zeilensprünge verwendet, zu Beginn gar keinen – jeder Vers entspricht einem Satz! Dann wird es in der Mitte ein wenig beweglicher, ehe am Schluss wieder „Vers = Satz“ gilt.
Er ging an einem Haus entlang.
Ein Ruf aus einem Fenster sprang.
Nichts. Nur ein Mädchen „Vater“ rief.
Ein fremder Bass erwidert tief.
Doch er blieb stehn, ins Herz verstört,
Als hätt‘ er Gottes Ruf gehört,
Der ihn im Kindeslaut vermahnt,
Wie unverquickt und unverzahnt
Er west im irdischen Verband,
Ein Korn, geschleudert übern Rand, …
Da horcht und harrt er totenbleich,
Dass ihn ein neuer Ruf erreich‘,
Doch nur das Fenster schließt sich laut.
Sein Körper steht wie hingebaut.
Auf seinem Haupte, schief und steif,
Die Fremdheit sammelt sich wie Reif.
Das ist vielleicht ein ganz guter Text, um den Vers als solchen erst einmal wahrzunehmen, was hier durch die Vereinzelung möglich wird? Auch der Reim versteckt sich nicht, er formt und fordert den Vers wie den Satz und macht sich so bemerkbar.
Sein Körper steht wie hingebaut.
– Als ich den Text zum ersten Mal gelesen habe vor Jahren, ist mir dieser Vers sofort im Gedächtnis geblieben!