Erzählformen: Das Sonett (9)

Wieder ein Sonett von Franz Werfel, “ Die befreite Seele“, in seinen gesammelten Werken zu finden im Band “Das lyrische Werk” (Fischer 1967) auf den Seiten 422 und 423. Es ist das auf „Der Tod des Priesters„, vorgestellt im fünften Sonett-Eintrag, folgende Gedicht; vielleicht lohnt sich daher der Blick auf des Vor-Gedicht …

Mit Werfels Gedichten habe ich so meine Mühe; irgendetwas in ihnen bürstet mich immer gegen den Strich. Aber gerade darum lohnt wahrscheinlich die Beschäftigung mit ihnen? Ob „Die befreite Seele“ ein Erzählsonett ist, möge jeder selbst entscheiden:

 

Noch einmal! Auf! Ein wilder Fluchtversuch!
Doch haften bleibt sie an der Sterbestelle.
Weh! Unter ihr das Wachs, das Corporelle
Bedrängt sie mit verdicktem Ichgeruch.

Des Körpers Nachgefühl drückt wie ein Fluch
In ihr Befreitsein sich mit grober Delle.
Bis dies auch stirbt und langsam Zell‘ um Zelle
In ihr sich ausfeint, Hauch wird, Schleiertuch.

Nun ist es leer um sie. Wohin? Empor!
Doch wo ist: oben, was bedeutet: Richtung,
In diesen Zwischenräumen unbeirrt?

Da erst gibt sie sich hin. Wie Rauch und Flor
Saugt sie ein Zug in Schichten der Entdichtung,
Wo alles lockrer, leichter, heiter wird.

 

Mag es ein, auch dieses Gedicht „entdichtet“ sich gegen Ende hin?! Jedenfalls ein eigenartiger Text, bei dem spannend zu verfolgen ist, wie er die Ansprüche, die die „innere Form“ des Sonetts anmeldet, zu erfüllen versucht.

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