Nikolaus Lenau hat vier „Stimme-Sonette“ geschrieben; von denen gefällt mir „Stimme des Regens“ deutlich am besten:
Die Lüfte rasten auf der weiten Heide,
Die Disteln sind so regungslos zu schauen,
So starr, als wären sie aus Stein gehauen,
Bis sie der Wandrer streift mit seinem Kleide.
Und Erd und Himmel haben keine Scheide,
In eins gefallen sind die nebelgrauen,
Zwei Freunden gleich, die sich ihr Leid vertrauen,
Und Mein und Dein vergessen traurig beide.
Nun plötzlich wankt die Distel hin und wider,
Und heftig rauschend bricht der Regen nieder,
Wie laute Antwort auf ein stummes Fragen.
Der Wandrer hört den Regen niederbrausen,
Er hört die windgepeitschte Distel sausen,
Und eine Wehmut fühlt er, nicht zu sagen.
„Nicht zu sagen“; und sagt es doch. Wobei Lenau ja ziemlich häufig so klingt; aber wie er die Stimmung hier durch das Sonett führt und dabei dessen Grundgerüst, das ja viel eher auf gedankliche Arbeit irgendeiner Form angelegt ist, getreulich verwirklicht: das kann man sich schon einmal ansehen und wohl auch etwas daraus mitnehmen für die eigenen Sonette, denke ich.