Erzählverse: Der Blankvers (52)

Carl Spittelers „Idyll“ kommt gar nicht so idyllisch daher?!

 

Ein trüber, nasser Herbsttag. Auf der Brücke
Zusammenlauf von Volk. „Wo ist’s geschehen?
Wie sah er aus?“ Der Rettungsnachen, schwankend,
Stößt ab. Schulbuben kleben am Geländer.
Ein Polizist mit rohem Schelten prüft
Verdrossen einen Zettel. „Nicht vor Unglück,
Vor Ekel.“ Aus der Ferne naht im Schwungseil
Schwebend ein Mädchen. Plötzlich stutzt sie, staunt
Und zaudert. Dann mit froh erregten Sprüngen,
Jauchzend, den blonden Lockenzopf im Wind,
Eilt sie verklärten Blicks herbei: „Was gibt’s?“

 

– Einer der Texte, die Spitteler unter „Literarische Gleichnisse“ versammelt hat; was zu seinem Verständnis beiträgt oder vielleicht auch nicht. Bezogen auf die Form fällt aber auf, wie anfangs die kurzen Sätze, die vielen Zeilensprünge die Verse bei durchaus regelmäßigem „Auf und Ab“ prägen; während mit dem Auftauchen des Mädchens die Zeilensprünge weniger auffällig werden, und durch zwei versetzte Betonungen am Versanfang und eine doppelt besetzte Senkung in der Versmitte die Versbewegung sich beschleunigt, dem Inhalt angemessen?!

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