In Paul Celans 1952 bei DVA erschienenem Gedichtband „Mohn und Gedächtnis“ finden sich auch diese drei Strophen:
So bist du denn geworden
Wie ich dich nie gekannt:
dein Herz schlägt allerorten
in einem Brunnenland,
wo kein Mund trinkt und keine
Gestalt die Schatten säumt,
wo Wasser quillt zum Scheine
und Schein wie Wasser schäumt.
Du steigst in alle Brunnen,
du schwebst durch jeden Schein.
Du hast ein Spiel ersonnen,
das will vergessen sein.
Zu diesem die Form gewissenhaft erfüllenden Gedicht (mit „Brunnen – ersonnen“ als reizvoller Ausnahme beim Reim) kann man im Netz manches Lesenswerte finden; wer nicht selber nachschauen will, kann sich an die folgenden, mehr oder weniger zufällig ausgewählten Links halten, sie führen zu John Felstiner, Enklaar / Ester und fifty2go.de – wobei Letzterer die Verbindung von „Brunnenrand“ / „Brunnen“ zu Müllers „Am Brunnen vor dem Tore“ zieht, dann auch bezüglich der Form?
Da mag etwas dran sein oder nicht; alleine der Umstand, dass hier nach über 600 Jahren immer noch dieselbe Strophe im Gebrauch ist wie beim Adventslied des ersten Eintrags, und das diese Strophe auch schon im späten Mittelalter nicht mehr neu war: alleine das bezeugt, denke ich, eine Form, die fortwirkt und dauert und nicht wegzudenken ist aus der deutschen Dichtung.