Erzählformen: Die Brunnen-Strophe (7)

In (5) wurde schon einmal eine längere Strophe vorgestellt, in welcher die Brunnen-Strophe als Bestandteil auftauchte, ein Weihnachtslied; hier soll eine andere solche Strophe folgen. Ersonnen hat sie Martin Opitz, und mach anderer Barock-Dichter hat später von ihr Gebrauch gemacht!

Ihr Aufbau ist dabei ungewöhnlich: Die Strophe wird durch ein Reimpaar aus Alexandrinern eröffnet, und an diese beiden streng gebauten Langverse schließen sich dann die vier Kurzverse der Brunnen-Strophe an.

Ein Beispiel aus der geistlichen Dichtung, die fünfte Strophe  eines Gedichts von Johannes Scheffler; drüber steht „Sie begehrt den Brautschmuck von ihrem Bräutigam“:

 

Der Speer, der durch dein Herz und Seite hat gemusst,
Sei meines Herzens Trost und Kleinod meiner Brust.
Die Nägel lass mich haben,
Die deine Füß‘ und Händ‘
Am Kreuz für mich durchgraben
Und Mark und Bein zertrennt.

 

– Was in der Beschreibung wie eine recht abenteuerliche Zusammenstellung klingt, erweist sich im wirklichen Gedicht als ganz passend?! (Über den Inhalt ist dabei nichts gesagt.) Die Brunnen-Strophe ist in dieser Hinsicht sehr pflegeleicht, denke ich; sie lässt sich mit vielen anderen Formen zusammenstellen. Einfach selbst versuchen und neue Strophen ersinnen – oder die gerade vorgestellte Strophe nutzen; die ist nach der Barock-Zeit außer Gebrauch gekommen, würde sich aber sicher freuen, wenn sie wieder zu tun bekäme …

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