Hier beim Verserzähler werden unterschiedliche Versformen vorgestellt, so zum Beispiel das Reimpaar aus iambischen Vierhebern und das Distichon, also gleichfalls ein Verspaar, gebildet aus einem Hexameter und einem Pentameter.
Wie unterschiedlich diese Formen wirklich sind, bemerkt man oft erst, wenn sie unmittelbar aufeinandertreffen!
Ein Beispiel dafür ist Heinrich Hoffmanns Komödie „Die Mondzügler“, in der eine unglaubliche Vielfalt von Versformen zur Anwendung gelangt; und eben auch Reimpaar und Distichon.
Gleich im Prolog ruft Merkur Till Eulenspiegel aus dem Grab und trägt ihm auf, dem Publikum einen – Prolog zu sprechen. Dazu gibt er ihm eine alte athenische Theatermaske; und im folgenden spricht Till in Reimpaaren, wenn er nicht durch die Maske spricht, und in Distichen, wenn er durch sie spricht! Das klingt dann so:
Mein hochverehrtes Publikum,
Ich grüße dich! Du weißt, warum
Mit frischem Wort ich mich erkühne
Hier aufzutreten auf der Bühne.
Zwar scheint mir schlecht gewählt die Zeit
Zu Mummenschanz und Lustbarkeit.
Wenn grün der Wald, der Himmel heiter,
Dann wird das Herz uns froh und weiter,
Und was in rauhen Wintertagen
Wir gern gesehn mit Wohlbehagen,
Wir lassen’s ruhn im engen Haus;
In’s Freie strebt der Sinn hinaus.
Für mich jedoch und für mein Wort
Ist diese Maske sehr am Ort.
Ich will mich herzlich gern bequemen,
Dies fremde Antlitz anzunehmen;
Denn wenn mein Spruch euch nicht beleidigt,
So ist die Maske schnell beseitigt;
Doch werd ich keines Beifalls froh,
Dann bleib ich fein inkognito;
Und hätt’s der Dichter gut bedacht,
So hätt‘ er’s ebenso gemacht.
(durch die Maske sprechend)
Nicht um Possen zu reißen und nicht zu flüchtiger Kurzweil
Gibt der Dichter sein Werk. Ernsteres hatt‘ er im Sinn.
Und was euch tändelnd erscheint, er erfand’s mit gefalteter Stirne;
Lächelnd verkündet sein Mund, was ihn im Herzen gegrämt.
Schaut ihr aus leuchtendem Golde geformt die glänzende Schale,
Nimmer gedenkt ihr der Müh, die es im Schachte gewann,
Denket der Hände nicht mehr, die emsig aus tiefer Umnachtung
Lichtwärts sandten den Schatz, dessen das Aug sich erfreut. –
Wertlos scheinet der Witz, wenn tieferen Sinns er ermangelt,
Und nur, ein eiteler Geck, selbst sich im Spiegel begafft.
Gern auf ländlichem Pfad begegnet der eilende Wandrer
Blumen des Feldes, und pflückt auch sich zum Schmucke den Strauß;
Aber mit sinnendem Blicke verweilt er, sobald er erkannt hat,
Dass in dem duftenden Kelch heilende Kraft sich verbirgt.
So auch möge der Scherz als kräftige Blüte gedeihen,
Und um der Wahrheit Kern schling er ein zierliches Blatt!
(Die Maske abnehmend)
Die Narrheit und die Weisheit sind
Von Urbeginn Geschwisterkind.
Wer ist’s, der mir die Grenze nennt,
Die Törichtes von Klugem trennt?
Wir alle tragen Schellenkappen.
Minerva führt dasselbe Wappen
In ihrem Staats- und Kammersiegel,
Die Eule, wie Till Eulenspiegel.
Unnötig war’s für solche Sachen,
Mit Distichen sich breit zu machen.
Doch eins räumt ihr gewisslich ein:
Der Dichter muss ein Doktor sein,
Weil er die Pillen, die er reicht,
Mit Honig sorgsam erst bestreicht.
– Und immer so weiter im dauernden Wechsel. Was für ein himmelweiter Unterschied! Aber auch sehr wirkungsvoll; und Hoffmann weiß mit dieser unterschiedlichen Wirkung einiges anzufangen.