Paul Heyses Fähigkeit, sich in allem Versmaßen sicher bewegen zu können (wenn die Ergebnisse auch nie wirklich berauschend waren), kam ihm beim Abfassen seiner „Reisebriefe“ zugute: Er konnte frei wählen. Den an Joseph Victor von Scheffel gerichteten Reisebrief verfasste er in gereihten und ungereimten trochäischen Vierhebern, also genau dem Maß, in dem Scheffels berühmter und im Brief angesprochener „Trompeter“, der vom Verserzähler unter (21) vorgestellt wurde, geschrieben ist! Der Anfang:
Lieber alter Freund, gedenkst du
Unsrer Sorrentiner Tage,
Da wir in der Rosa magra,
Jener billigen, bescheidnen
Künstlerherberg‘ alten Stiles,
Traulich hausten Tür an Tür?
Du, von Capri erst gelandet,
Da wir kaum in rotem Landwein
Uns den Willkomm zugetrunken,
Gabst des Säckinger Trompeters
Erst‘ Kapitel mir zum besten,
Frischgedichtet in Paganos
Palmenschatten; ich dagegen
Ließ dich sehn die Arrabbiata,
Kaum noch von der Tinte trocken.
(Lest Ihr eine Predigt? fragt‘ uns
Die Luisa, die von anderm
Mündlich feierlichem Vortrag,
Von Gedichten und Novellen
Nie ein Sterbenswort gehört.
Und wir lachten.) …
– Das epische Gedicht wie die Novelle, beide entstanden 1853. Und ich fürchte, neben deren mündlichem Vortrag ist auch der einer Predigt heute nicht mehr wirklich vielen Menschen im Ohr … Heyses Verse, jedenfalls, sind ganz nah an der Prosa. Immer noch Verse, sicherlich; aber sicher auch des „feierlichen Vortrags“ bedürftig, um als Verse wirklich zur Wirkung kommen zu können?!