Karl Ludwig Schneider:
Klopstock und die Erneuerung der deutschen Dichtersprache im 18. Jahrhundert
Ein nicht allzu dicker Band von 140 Seinen, erschienen 1963 bei Winter, der einen Inhalt verhandelt, nicht nur geschichtlich von Bedeutung!
„Klopstock selbst ist ein Geschenk, die einzige Gestalt größten Maßes als Mensch der Sprache zwischen Luther und Goethe.“ Dieses Wort findet sich in Ernst Kletts beim Verserzähler schon kurz angesprochenen Vortrag Über den deutschen Hexameter und mag als Beispiel dienen für die Wertschätzung, die Friedrich Gottlieb Klopstock genießt, obwohl er heute nur noch wenig gelesen wird.
Grund für diese Wertschätzung ist die von Schneider behandelte „Erneuerung der deutschen Dichtersprache“, die Klopstock als Einzelner geleistet hat und die zum Beispiel die Werke Goethes, Schillers, Hölderlins erst möglich gemacht hat.
Dazu gehören „Die Abgrenzung der poetischen von der prosaischen Sprachgestaltung“ , so das Dritte Kapitel Schneiders, was ja eine bis heute immer neu zu entscheidende Frage ist: Welche Schnittmengen haben die poetische Sprache, die Sprache der Prosa und die Alltagssprache miteinander?!
Klopstocks Antworten darauf stellt zum Beispiel das vierte Kapitel vor, „Das Stilprinzip der Kürze“, in dem Klopstocks Gebrauch von Simplex und Kompositum, seine Neuerungen in der Wortbildung, sein Gebrauch der Partizipien, sein Bestreben zur Intensivierung durch das Fortlassen von Artikeln, Präpositionen und Konjunktionen und anderes mehr erklärt wird. Äußerst lesenswert!
Ein von Schneider besprochenes Beispiel ist Klopstocks Hang, das „und“ zu vermeiden:
Sieh, er krümmte sich, wand vergebens sich, nun noch zu leugnen,
Dass Gott sei! Er brüllet‘ es, heulet‘ es; rang nach Vernichtung,
Winselte, raste nach ihr, griff aus mit der Sterbenden bangem
Furchtbaren Greifen nach ihr, und war! …
– Messias, 16. Gesang, Verse 693-696. Schneider:
Die konsequente Ellipse der Konjunktion in den Zeilen 693-695 ermöglicht es, sie in der letzten Zeile nun in einer Weise zur Anwendung zu bringen, die aus diesem bedeutungsarmen Wort ein Stilistikum von unvergleichlicher Wirkung macht, das den höchsten Grad der Verzweiflung ausdrückt. Man mag aus solchen Meistergriffen ersehen, dass Klopstock nie mechanisch ausließ. Dadurch, dass er die Konjunktion „und“ mied, wo immer es angängig war, machte er sich das Wort frei für wichtige Ausdrucksfunktionen.