Erzählverse: Der Hexameter (107)

Vor bald 250 Jahren verfasste Gottfried August Bürger für sein „Gebet der Weihe“ diese drei Hexameter:

 

Denn uns enget den Raum das Gewühl der Wechsler und Krämer,
Und der Kärrner, die uns aus jeglicher Zone der Erde
Struppigen Plunders viel zukarren, der uns nicht not tut;

 

Da muss man sich dann fragen, was ihm wohl angesichts der heutigen „Warenströme“ für Verse aus der Feder flössen … Schöne Hexameter, jedenfalls. Und immer noch trockener, gelassener als viele andere in diesem Stück; was bei einem Weihegebet nicht verwundert. Ich stelle noch den Schluss vor:

 

Göttin des Dichtergesangs und der edleren Rede der Menschen,
Die du mit Wohltat begannst, als Menschenleben erwachte,
Und fort wohltun wirst, bis alles im Grabe verstummt ist,
Die du den Säugling tränkst aus würzeduftendem Busen,
Dann als blühende Braut den feurigen Jüngling umarmest,
Drauf ein gesegnetes Weib der Kraft des rüstigen Mannes
Kinder des ewigen Ruhms gebierst, voll Leben und Odem,
Endlich mit Milde den Greis, wie der Strahl der herbstlichen Sonne
Die entladene Rebe, noch hegst und pflegst und erwärmest,
Walterin, die du warst und bist mit den Bessern, und sein wirst,
Sei uns Wenigen hold und gib uns Kraft und Gedeihen!

 

Verse, die zumindest eins lehren: Ein Auffächern, Ausbreiten und Darreichen ist machbar, und der Hexameter ist ein dafür vorzüglich geeigneter Raum und Rahmen.

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