Erzählverse: Der trochäische Vierheber (49)

2014 ist bei Wallstein der Band „Christine Lavant. Zu Lebzeiten veröffentlichte Gedichte“ erschienen. Das ist ohnehin ein lesenswertes Buch, lohnt die Beschäftigung mit ihm aber auch in Hinblick auf den Aufbau der Gedichte; die verwendeten Maße. Auf Seite 471 etwa findet sich ein Text in ungereimten trochäischen Vierhebern, dessen Beginn so lautet:

 

Der Apostel Himmelschlüssel,
das Prophetlein Männertreue,
beide rieten mir zu flüchten
unters Dach der Sterbestunde,
noch bevor die Bocksbartsterne
in den Wiesen niederkämen.
Doch ich hoffte voller Gleichmut
auf die braunen Teufelsschirme,
auf die roten Klebenelken
und den blauen Hosenknopf.

 

Nur zehn Verse, aber sie genügen, um ein Gefühl zu bekommen für die Art, wie Christine Lavant den Vierheber verwendet? Sehr fest schließende Sätze (oft auf einer Betonung), worauf der nächste Satz erst einmal wieder Fahrt aufnehmen muss; der abgemessene Versraum wird erfahrbar durch die Wiederholungen.

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