Epistel
Des Meeres Gang ist höher heut und lauter auch!
Wohl dem, der hinter Wällen seines Lebens Arbeit fand
und sicher steht, gefestet auf ererbtem Grund.
Durch reichen Boden, den das Meer vordem genährt,
auf seinem Boden schreitet er und lenkt den Pflug
in grader Bahn und wendet ihn getrost am Ziel.
Dann rastet er – und lässt die Blicke schweifen, rings,
und sieht um sich in Ruhe wachsen seiner Hände Werk.
Nur manchmal horcht er wohl hinüber nach dem weiten Meer,
wanns einmal ungestümer donnert an den festen Damm,
und denkt des Freundes – der auf wilder Fluten Spiel
sein Los erkor und seines Willens Güter fand . . .
Des Meeres Gang ist höher heut, doch stolzer auch!
Diesem Text Erich Otto Hartlebens zu bescheinigen, er sei in Trimetern geschrieben, ist ein klein wenig kitzlig. Der zweite Vers ist ein Siebenheber, was zwar den Gesamteindruck nicht weiter beeinflusst; aber ein Fingerzeig ist auf das, was kommt! Denn die Verse Acht bis Zehn sind allesamt Siebenheber, und über drei Verse hinweg macht das dann doch Eindruch auf das Ohr! Auch wenn sich diese Verse nicht wirklich zu iambischen Siebenhebern ausbilden – dafür fehlt ihnen die kennzeichnende Zäsur nach dem vierten Iambus. Stattdessen fallen die Einschnitte so, dass die hintere Vershälfte gut „trimetrisch“ ist:
wanns ein– / mal un– / gestü– / mer don– / nert || an / den fes– /ten Damm,
x X / x X / x X / x X / x || X / x X / x X
Mit (zum Beispiel) einem zwei- statt viersilbigem Adverb wäre das ein feiner Trimeter:
wanns einmal rauer donnert || an den festen Damm,
x X / x X / x X / x || X / x X / x X
Besonders nachdrücklich sind auch die Trimeter nicht zäsuriert; bis auf den, der auf die Siebenheber folgt:
und denkt / des Freun– / des – || der / auf wil– / der Flu– / ten Spiel
x X / x X / x || X / x X / x X / x X
Der „klassische“ Einschnitt hinter der fünften Silbe! Zufall wird das nicht sein, daher: Ein Text, der wohl doch vom Trimeter her gedacht, entworfen und ausgeführt wurde.