Erzählverse: Der Hexameter (129)

Durch den Hexameter allein – wenn es auch nur der unsrige ist, nicht der römische und griechische, sondern eine unserer Sprache angemessene, mögliche Nachbildung, die den freien Geist nicht zu sehr beschränkt, und die Vorteile unserer Sprache auf andere Weise kund tut, durch Wahl, Stellung und Ordnung der Worte – ich sage, durch den Hexameter fast allein hat sich unsere Sprache erhoben und einen poetischen Vorteil über andere neuere Sprachen erlangt.

Diese hohe Meinung vom Hexameter hat Karl Ludwig Knebel geäußert in einem am 10. Mai 1820 an Karl August Böttiger geschriebenen Brief. Dabei war er gar kein Mann allzu einseitiger Urteile, wie eine Bemerkung von Karl August Varnhagen von Ense zeigt:

Er bestand festgläubig auf ein unwandelbar zu befolgendes In-Der-Mitte-Sein zwischen dem oft Ohrenzwang erregenden Hammerschlag einer durch Voß und sein Normalbuch über die Zeitmessung begründeten Schule und der aufgelöst hinschlotternden Zerflossenheit und Regellosigkeit unserer Hexametristenschar.

Dem kann zumindest ich mich nur anschließen: Wenn auch die strenge Nachbildung der antiken Verse ihren Reiz hat, wird sie dem Deutschen doch nicht immer gerecht; diese Herkunft des Hexameters nur als ungefähre Bezugsgröße zu nehmen und dann Verse zu bauen, die fast ausschließlich von eigenen Vorlieben bestimmt werden, ist aber wiederum zu beliebig.

Die Wahrheit liegt, wie immer: in der Mitte. Nun war Knebel kein großer Dichter, aber ich schieße trotzdem mit zwei Hexametern von ihm, die vom Bau her gelungen sind; und vom Inhalt her auch.

 

Gib, dass ich ohne Verblendung und Wahn, nicht frevelnd noch töricht,
Messe der Dinge Wert nach richtigem Maß und Verhältnis.

 

– Aus dem Fragment gebliebenen „Hymnus an den Geist der Natur“.

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