Wortvergnügt (5)

Ich habe vor Jahren ein Distichon geschrieben, in dem das Wort „weltenzerwinternd“ vorkommt; das recht wohlwollend aufgenommen wurde! Der Weg dahin ist der übliche, die Verbindung von Bekanntem und Unbekanntem.

Wo es ein zusammengesetztes Wort gibt, wie etwa „überwintern“; da ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass auch das entsprechende Grundwort benutzt wird oder wurde, selbst wenn man selbst es nicht im Wortschatz hat. Hier wäre das „wintern“, und siehe da, der Online-Grimm kennt es! Und in mehr als einer Bedeutung, als Beispiel sei winterliches Wetter bringen, rauh und winterlich sich gebärden angeführt, samt Vers-Beleg bei Johann Heinrich Voß: Stolberg, trotz dem Orkan, wie er wintere.

An Zusammensetzungen wird angeführt: auswintern, durchwintern, einwintern, entwintern, nachwintern, überwintern, verwintern, zuwintern. Wieder Voß: Denn er duftet linden März /
Und entwintert euch das Herz.
Auch die anderen Einträge lohnen das Nachlesen!

Von da aus ist es nicht mehr weit bis zu einer Zusammensetzung mit eher unüblicher Vorsilbe. „Umwintern“ – warum nicht? Oder eben „zerwintern“. Dann noch der Schritt zum Partizip – fertig! Das „Welten“ davor kann man getrennt schreiben oder ins Wort ziehen – „Welten zerwinternd“ oder „weltenzerwinternd“, das macht keinen großen Unterschied, denke ich.

Und wem das noch nicht genügt, und angesichts der Jahreszeit auch nicht mehr recht zu passen scheint – wo es ein „wintern“ gibt, ist ein „sommern“ nicht fern! Der Grimm kennt es jedenfalls, Voß zum Dritten: der nun sommernden Heitre Beginn. Wobei „Heitre“ gleichfalls ein feines Wort ist: Klarheit, Glanz, Helligkeit, sagt der Grimm … Und wieder die Vorsilbe gewählt, hm, diesmal vielleicht „um-„?

Früher Vögel Gesang, der den klammen Stift mir umsommert.

Was Unsinn in Hexameterform ist, aber gerade aus der Tastatur fiel, als ich auf ein Beispiel neugierig war; und so schlecht gar nicht klingt. Wobei, sagt die Suchmaschine, „umsommern“ durchaus vorkommt; bei Celan zum Beispiel! Aber am besten selbst schöpfen nach genau diesem Muster: Ein gerade noch bekanntes Wort suchen; und dann einen Schritt darüber hinausgehen. Wenn das Ergebnis, das neugeschaffene Wort, den begeistert, der es geschaffen hat: ist die Wahrscheinlichkeit groß, es gelingt auch bei anderen!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert