Hölderlin und Neuffer

Die beiden Freunde, die in den letzten Verserzähler-Einträgen schon zweimal vorkamen, treiben mich immer noch um. Auch, weil Hölderin in vielen Briefen viele großartige Dinge an Neuffer geschrieben hat! Ein Beispiel findet sich in einem Brief vom 12. November 1798:

„Das Lebendige in der Poesie ist jetzt dasjenige, was am meisten meine Gedanken und Sinne beschäftigt. Ich fühle so tief, wie weit ich noch davon bin, es zu treffen, und dennoch ringt meine ganze Seele danach und es ergreift mich oft, dass ich weinen muss, wie ein Kind, wenn ich um und um fühle, wie es meinen Darstellungen an einem und dem andern fehlt, und ich doch aus den poetischen Irren, in denen ich herumwandele, mich nicht herauswinden kann. Ach! Die Welt hat meinen Geist von früher Jugend an in sich zurückgescheucht, und daran leid‘ ich noch immer. Es gibt zwar ein Hospital, wohin sich jeder auf meine Art verunglückte Poet mit Ehren flüchten kann – die Philosophie. Aber ich kann von meiner ersten Liebe, von den Hoffnungen meiner Jugend nicht lassen, und ich will lieber verdienstlos untergehen, als mich trennen von der süßen Heimat der Musen, aus der mich bloß der Zufall verschlagen hat. Weißt du mir einen guten Rat, der mich so schnell wie möglich auf das Wahre bringt, so gib mir ihn. Es fehlt mir weniger an Kraft, als an Leichtigkeit, weniger an Ideen, als an Nuancen, weniger an einem Hauptton, als an mannigfaltig geordneten Tönen, weniger an Licht, wie an Schatten, und das alles aus einem Grunde; ich scheue das Gemeine und Gewöhnliche im wirklichen Leben zu sehr.“

– Viel Stoff zum Nachdenken.

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