Ein Stück aus Friedrich Rückerts Liedertagebuch für 1851:
Ich sah zwo Bienen
Und sah zwo Blumen:
Flog eine Biene
Zur einen Blume,
Zur andern Blume
Die andre Biene.
Und beide fingen
Rasch an zu saugen,
Begierig jede
An ihrer Blume.
Bald war die eine
Mit ihrer fertig,
Und flog von hinnen;
Ich sprach: es ist wohl
Kein Seim mehr drinnen.
Da war desgleichen
Die andre fertig,
Und flog von dannen:
Wohl ausgetrunken
Hat sie die Kannen.
Wohin flog jene?
Zu dieser Blume.
Wohin flog diese?
Zu jener Blume.
Und beide fangen
Frisch an zu saugen:
So wechselliebend
Ist Bienenliebe;
So unerschöpflich
Sind Blumenkelche.
Ich glaube, bei längeren Texten im Zweiheber stellt sich vor allem die Frage, ob die Verse als eigenständige Größen erkennbar werden?! Rückert fährt hier eine Menge auf – Wiederholungen vor allem und Parallelsetzungen (wie es die „Zwei“ nahelegt), aber auch Reime (in der Mitte des Textes), aber nur wenige, die ein frisches Hinhören ermöglichen, Zeilensprünge nur an den Grenzen von Sinneinheiten, und noch vieles mehr; und erreicht so diese Wiedererkennbarkeit des Zweihebers durch alle dreißig Verse!