Ein Distichon besteht aus einem Hexameter und einem Pentameter, mithin aus zwei Versen, die sich von der Versbewegung her bestimmen. Das heißt aber nicht, dass ihr Klang nicht zum Gesamteindruck beiträgt, und die Verfasser haben auf viele verschiedene Arten versucht, Klangwirkungen im Distichon zu verwirklichen. Nie über den Endreim, weil der dem eigentlichen Wesensmerkmal, der Versbewegung, in die Quere käme; aber zum Beispiel über Alliterationen, wie im folgenden Beispiel von Johann Wolfgang Goethe zu sehen – und vor allem zu hören ist!
Preise dem Kinde die Puppen, wofür es begierig die Groschen
Hinwirft; wahrlich! du wirst Krämern und Kindern ein Gott.
Da finden sich auf den Hebungsstellen der vier Halbverse immer zwei gleich anlautende Silben:
Preise dem Kinde die Puppen, || wofür es begierig die Groschen
Hinwirft; wahrlich! du wirst || Krämern und Kindern ein Gott.
Am Anfang des Pentameters verstärkt das „-wirft“ diese Wirkung noch; es steht zwar in der Senkung, habt aber ausreichend Gewicht, um sich bemerkbar zu machen. „Kinde“ und „Gott“ nehmen die Alliterationen anderer Halbverse auf; damit bleiben nur zwei von zwölf Hebungen, die sich nicht an diesem Klangspiel beteiligen!
Wo die Klangwirkung so in den Vordergrund tritt, muss die Versbewegung ein wenig zurücktreten, und das tut sich hier auch – vor allem im Hexameter, der sehr „amphibrachisch-eintönig“ wirkt, teilt man ihn nach Sinneinheiten ab:
Preise / dem Kinde / die Puppen, || wofür es / begierig / die Groschen
Fünf der in Bezug auf die Bewegung bestenfalls unauffälligen ◡ — ◡ nacheinander! Aber wenn man auf diese Gefahr aufmerksam wird, kann man die Silben in der zweiten Vershälfte leicht anders ordnen und vortragen:
Preise / dem Kinde / die Puppen, || wofür / es begierig / die Groschen
So klingt es ausreichend abwechsungreich: Das „es“ wird in die vorletzte Sinneinheit gezogen, wodurch ein ◡ — / ◡ ◡ — ◡ entsteht!