Irgendetwas lässt sich immer mitnehmen und von überall; hier aus Paul Zaunerts 1911 in den „Beiträgen zur deutschen Literaturwissenschaft“ erschienenen Aufsatz „Bürgers Verskunst“ (gemeint ist dabei Gottfried August Bürger). Zaunert schreibt dort in Bezug auf die „nebentonigen Silben“:
„Sehr oft handelt es sich dabei um Wortkompositionen: Nachtmahl, Treuring, Wasserhund, und bei derartigen Kompositionen ist die Aussprache des zweiten Bestandteils, des Grundwortes, das den Nebenakzent hat, sehr verschieden. Ist uns die Komposition sehr geläufig und altbekannt, so können wir das Grundwort flüchtiger, schneller aussprechen, ist es aber eine ungewöhnliche oder ganz neue Wortverbindung (in der poetischen Sprache ist das ja nichts seltenes), so erfordert der zweite Bestandteil eine deutlichere Aussprache, er hat mehr Akzent. So sind zum Beispiel Kompositionen wie Nachtmahl, noch mehr Treuring, Wasserhund uns fremder als etwa Jungfrau, Schwarzbrot, Mitternacht; daher sind Verse wie Und als er still harrend am Liebesbaum saß oder Dass aus der Stirn ihr der Todestau drang schlechter als der Vers Umspannten den Schmerbauch ihm nicht.“
Meint: Bei „Liebesbaum“ kann die nebentonige Silbe, das Grundwort „Baum“, schlechter als Bestandteil einer mit zwei Silben besetzten Senkung stehen als bei „Schmerbauch“ das Grundwort „Bauch“, weil die erste Zusammensetzung eine ungewohntere Bildung ist, die mehr Aufmerksamkeit erfordert und dadurch auch auf der Nebenbetonung stärker betont wird:
Und als / er still har– / rend am Lie-/ besbaum saß
x X / x x X / x x X / x x X
Umspann– / ten den Schmer– / bauch ihm nicht.
x X / x x X / x x X
Und wenn das auch nur einer der Gesichtspunkte ist, unter denen das Gewicht einer Nebenbetonung betrachtet werden kann: Ein bedenkenswerter ist es allemal! („Schmerbauch“ ist heutzutage, denke ich, allerdings etwas aus der Mode gekommen …)