Die Kynast-Sage

Beim Goethezeitportal gibt es eine schöne Dokumentation zur Kynast-Sage, die auch einige darüber geschriebene Balladen versammelt. Ich bin dort gelandet, weil ich angefangen habe, über Theodor Körners Vers-Fassung der Geschichte nachzudenken, genauer: über ihre Maßlosigkeit.

Auf Burg Kynast  macht Kunigunde einen „Mauerritt“ zur Bedingung ihrer Heirat in der Hoffnung, dass ihn niemand wagt. Aber vergebens: Ein ihr teurer Jüngling reitet gegen ihren Rat und ihre Bitte – und stirbt. Kunigunde wird krank vor Kummer, erholt sich aber. Drei Brüder wagen den Ritt, wieder taub ihrem Flehen gegenüber; auch sie sterben. Wieder erkrankt Kunigunde, wieder erholt sie sich. Bei den zahlreichen weiteren Bewerbern sieht sie kalt und teilnahmslos zu; alle sterben. Dann kommt ein Ritter, in den sie sich sofort verliebt, und für den sie die Bedingung aussetzen will; er aber besteht darauf, zu reiten, und es glückt. Nun will sie ihn heiraten, er aber sagt nein: er habe den Ritt nur gewagt, um den Jüngling und die drei Brüder zu rächen. Kunigunde, verzweifelt, wirf sich in den Abgrund und stirbt.

Für alle das braucht Körner 40 Strophen, jede zu zehn Versen! Die letzte:

 

Und sie stürzt sich hinab
Ins Felsengrab;
Da klingt es wie Geistergeflüster:
„Die Braut ist gekommen, den Kranz herab!
Was, Liebchen, bist du so düster?
Nun ist das Hoffen und Sehnen verkürzt,
Nun mag sich die Jungfrau vermählen;
Du hast dich uns selbst in die Arme gestürzt:
Kannst wählen,
Der Braut soll’s am Liebsten nicht fehlen.“

 

Nicht schlecht, aber beim Lesen wird man das Gefühl nicht los, das geht kürzer und dadurch überzeugender … Wenn das Medium die Kürze erzwingt, reichen für die ganze Sage auch zwölf Verse – eine in besagter Dokumentation zu sehende Postkarte trägt diesen Text, von „K.B.“:

 

Auf Burg Kynast erzählt die Sage
von einer schönen Kunigund‘:
Als Freiersmann käm‘ nur in Frage,
wer um die Zinnen reiten kunnt.
Den kühnen Ritt manch tapferer Ritter
im Höllengrund büßt mit dem Leib,
nur Adelbert vollbringt das Wunder,
verlässt darauf das schnöde Weib.
Verzweifelt stürzt sich Kunigunde
in Liebesweh den Grund hinab;
noch heut‘ in mitternächt’ger Stunde
ihr Geist entsteigt dem kühlen Grab.

 

Das ist nun allerdings arg knapp; die Wahrheit dürfte, wie immer, irgendwo in der Mitte liegen. Aber da lohnt ein Vergleich mit den anderen Ausgestaltungen der Sage!

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