Erzählverse: Der Blankvers (86)

Die Eulen schrein

Die Eulen schrein. Es schmerzt wie Geierbiss
Ratloser Reue dieser hohle Ton
Der nächt’gen Vögel dumpf und heiß im Hirn.
Die leere Nacht stöhnt: stumm, doch atemschwer.
Mir ist, als atmete ihr Schlund den Rest
Von Glück ein, den ein leerer Tag mir ließ.

 

Ein schwerer, harter Text von Otto Julius Bierbaum, auch durch seine ausschließlich männlich endenden, ungereimten iambischen Fünfheber. Erstaunlich, wie stark er trotzdem an einige leichte Hexameter aus Christoph Martin Wielands „Frühling“ erinnert:

… Schon rauschen von Ferne die Flügel
Der entfärbenden Nacht; die Sonne sinkt hinter dem Gipfel
Purpurner Berge hinab, noch scherzen in ihrem Strahle
Sorglose Eulchen dem Tod entgegen und atmen des Lichtes
Süßen Überrest ein. …

Was an den verwendeten Wörtern liegen muss: Nacht, einatmen, Rest,  Eulen / Eulchen, Glück / Licht, ratlos / sorglos, schmerzt / scherzen; wobei die letzten beiden Paare, inhaltlich gegensätzlich, auf die ganz verschiedenen Stimmungslagen der Texte hinweisen?! Auch spannend zu sehen, was wie ein Beiwort wie „leer“, wie eines wie „entfärbend“ die „Nacht“ näher bestimmt …

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