Zu viel
Steht ein Baum vor meinem Fenster:
In des Wipfels ewig gleiches,
Sachtes Hinundwiederwogen
Bleibt die Seele mir versenkt.
Dieser Wipfel, er ist alles,
Was ich von der Welt erblicke.
Und er ist mir nicht zu wenig,
Nein, zu viel schon dünkt er mir.
Störend sind mir diese tausend
Vögel, die darüber flattern,
Störend sind mir diese tausend
Wolken, die darüber ziehen,
Störend sind mir diese Tropfen,
Die auf seinen Blättern funkeln,
Störend sind mir diese Winde,
Die durch seine Tiefen brausen.
Das ist Lärm und eitel Flitter;
Und das schönste bleibt die stille,
Hohe, heilge, schrankenlose,
Sanftbewegte, zaubervolle,
Hocherhabne, wunderbare,
Weltvergessne, sonnetrunkne,
Reizende Monotonie
Dieses grünen Reichs … Im schönen,
Ungestörten, ewig gleichen,
Sachten Hinundwiederwogen
Bleibt die Seele mir versenkt.
Ein kleines Gedicht Robert Hamerlings, das den typischen Vierheber-Ton gleich im ersten Vers anschlägt durch das an die Spitze gestellte „Steht“?! Auch danach kommt, was oft kommt: Wiederholung, Abwandlung, Aufzählung, und schließlich die Wiederaufnahme der Anfangsverse … Wenn man böse sein wollte, könnte man derlei „Aus nichts etwas machen“ nennen; aber es ist doch ein Text, den gelesen zu haben nicht reut.