Erzählverse: Der Hexameter (154)

Ludwig Wellmers „An die erste Schwalbe“, von dem ich den ersten Teil gebe, ist ein Gedicht, das einen zweiten Blick wert ist; allerdings nicht wegen seiner Hexameter (obwohl sie in Ordnung sind), sondern weil es ein „Fußnotengedicht“ ist; der Stern am Ende der dritten Zeile verweist nämlich auf eine solche Fußnote!

 

Bist du wieder erwacht, du freundlicher Bote des Frühlings?
Heiter entstiegen dem Grab, das kalt und feucht dich umhüllte?
Trauernd senktest du dich vom schwankenden Schilfe des Sees *
Tief in den Abgrund der Nacht, dort still auf ewig zu schlummern.
Aber dich hat ein Gott umschleiert mit dichtem Gewebe,
Wehrend des Elements feindselig zerstörenden Kräften,
Bis du, erwärmet vom Hauch des lebensausspendenden Lenzes,
Freudig begrüßest das Licht, die Flügel im Äther entfaltend.

* Bekanntlich senken sich viele Schwalben im Spätherbst auf diese Weise in Seen und Flüsse, wo sie tief auf dem Grunde bis zum Eintritte des Frühlings in einem todähnlichen Zustande ruhen.

 

„Bekanntlich“. Hm. Aber trotzdem gut, dass die Fußnote da ist, ungeachtet ihres Wahrheitsgehalts; sonst verstünde man den Inhalt der Verse gar nicht … Und vielleicht sind ja gerade Hexameter-Texte in ihrer Wirklichkeitsgier der geeignete Ort für das eine oder andere „Sternchen“!

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