Erzählverse: Der iambische Dreiheber (5)

Wie nahe man der Grenze zur Bedeutungslosigkeit kommen kann, ohne sie zu überschreiten, zeigt Johann Michael Hamanns „Entschluss“, ein Text, der eben so auf der richtigen Seite der Grenze zu stehen kommt und darum wertig ist:

 

Wie schauerlich der Regen,
Der um mein Fenster rasselt!
Wie dunkel die Gedanken!
Wie matt der Schlag des Herzens!
Was soll ich bei den finstern
Und toten Büchern machen?
Hinaus, hinaus zum Mädchen!
In ihrem Aug‘ ist Frühling
Und milde Sommerwärme.
Ein Blick – und es erfreuet
Die halberstorbne Seele
Sich wie ein mattes Pflänzchen,
Das schon der Nord verletzet,
Beim Liebesstrahl der Sonne.
Gib mir den Mantel, Knabe!
Ich muss, ich muss zur Janthe.

 

„Janthe“ ist dem „Ich“ die Dame des Herzens … Das hier gerade so alles gut endet, ist sicher auch dem Versmaß zu verdanken; ein gewichtigerer Vers hätte Bedeutung eingefordert, wo keine sein kann, und den Text aus dem Gleichgewicht geworfen?!

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