Erzählformen: Das Sonett (17)

Georg Trakls „Dezembersonett“ passt in die Jahreszeit, ist aber auch sonst ein eigenartiges Stück:

 

Am Abend ziehen Gaukler durch den Wald,
Auf wunderlichen Wägen, kleinen Rossen.
In Wolken scheint ein goldner Hort verschlossen,
Im dunklen Plan sind Dörfer eingemalt.

Der rote Wind bläht Linnen schwarz und kalt.
Ein Hund verfault, ein Strauch raucht blutbegossen.
Von gelben Schrecken ist das Rohr durchflossen
Und sacht ein Leichenzug zum Friedhof wallt.

Des Greisen Hütte schwindet nah im Grau.
Im Weiher gleißt ein Schein von alten Schätzen.
Die Bauern sich im Krug zum Weine setzen.

Ein Knabe gleitet scheu zu einer Frau.
Ein Mönch verblasst im Dunkel sanft und düster.
Ein kahler Baum ist eines Schläfers Küster.

 

– Eine bemerkenswerte Anhäufung von Dingen … Den Sonett-Raum bis unter die Decke vollgestapelt, sozusagen. In der ersten Fassung schloss das Sonett noch mit den beiden Versen „Man sieht noch in der Sakristei den Küster / Und rötliches Geräte, schön und düster“; demgegenüber weiß die gezeigte zweite Fassung noch einen weiteren Schritt auf dem eingeschlagenen Weg zu machen!

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