Klabund: Deutsche Literaturgeschichte in einer Stunde

Ein Eintrag, der Werbung machen möchte: Klabunds „Literaturgeschichte“, im Netz einsehbar, ist zwar nicht ganz unbekannt, könnte aber durchaus noch um einiges bekannter sein mit ihrer ungewöhnlich klaren, verständigen, ganz „klabundigen“ Sicht auf die deutsche Literatur von ihren Anfängen bis zu Klabunds Gegenwart (zuerst erschienen ist die Literaturgeschichte 1922).

„Alles, was er gewollt hat, hat er gekonnt“, heißt es da von Klopstock,

„Aber alle Revolutionen überdauern wird das heilige Lächeln der Iphigenie und der Schrei des Dichters im Tasso: Denn wenn der Mensch in seiner Qual verstummt, / Gab mir ein Gott zu sagen, was ich leide. Denn hier geht es nicht um die Befreiung einer Klasse oder Rasse, sondern um die Befreiung des Menschen“ von Goethe und seinen Dramen.

Hebels Sprache nennt Klabund „ein Deutsch, wie es einfacher und tiefer, zweckloser und klangvoller nicht erdacht und geschrieben werden kann“,

und die Vertreter des schwäbischen Dichterkreises stellt er dem Leser so vor Augen: „Die schwäbischen Dichter, unzählbar wie der Straßenstaub in Stuttgart, zeichnen sich durch eine betonte Philisterhaftigkeit aus. Wenn ihrer trefflichen wohlgerundeten Gattin sonntags die Klöße oder die Spätzle nicht recht gerieten, dann ziehen sie die Stirne kraus, die Adern schwellen, und auf dem Kopf die Nachtmütze zittert vor Erregung. Sie laufen erregt durchs Zimmer und stolpern wohl über die Quasten und Bommeln ihres Schlafrocks. Und sind erst beruhigt, wenn Mutter die Pfeife stopft und einen extra guten Kaffee zum Nachtisch kocht. Da schwellen die Adern ab, die Nachtmütze beruhigt sich. Die Jüngste bringt ein blaues Schreibheft von Vaters Schreibtisch, die Älteste Tinte und Gänsekiel. Und, bewacht und betreut von den Seinen, beginnt Vater zu dichten.“

Über Mörikes Verse lautet sein Urteil so, „Sie sind nicht erkünstelt, nicht erzwungen: sie sind rund und vollendet und duften wie reife Äpfel“, und zu Mörikes Schaffen ganz allgemein merkt er an: „Er erschreckt nie. Seine Schauergeschichten machen lächeln. Und wenn er dunkel ist, so ist er dunkel wie eine Sommernacht in Kleversulzbach, warm und besternt, und wir wissen, dass die Morgenröte nicht fern ist.“

Und so immer weiter – wer hineinschaut, wird zu den Dichtern seines Interesses Bedenkenswertes finden! Ich füge nur noch eine „Dreier-Betrachtung“ an: „Eichendorff und Hölderlin sind Nord- und Südpol der deutschen Lyrik. Goethe ist die Erdmitte. Hölderlin: ein Einziger unter den Deutschen, der hieratische Priester der heiligsten Empfängnis, der strengsten Verkündigung: Kind und Greis. Anfang und Ende. Goethe: der Mann, gewaltig schreitend, Flamme und Tuba. Eichendorff: das deutsche All im Regenbogen. Herz des Jünglings im Sommerabend wie eine erste und letzte Rose aufbrechend: durchblühend die Nacht bis zum Morgenrot. Eichendorff: das Volkslied. Goethe: die Trilogie der Leidenschaft des geistigen Menschen. Hölderlin: der Gottgesang.“

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