Erzählverse: Der trochäische Vierheber (63)

August Kopisch lebte und dichtete in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts; da waren die Zeiten der Anakreontik schon lange vorbei. Trotzdem hat er eine ganze Reihe der für diese Stilrichtung kennzeichnenden leichten und tändelnden Gedichte geschrieben unter dem Leitgedanken „Amor“, zum Beispiel: „Langsam!“

 

Amor sprach, den Becher haltend:
„Nipp‘ ein wenig, nur vom Rande!“
Doch, als ich nun erst gekostet,
Nahm ich mir den Becher schräger.
„Langsam!“, rief er, rückwärts beugend:
„Denn ich gab dir nur zu kosten.
Alles trinkst du ja auf einmal!
Glaubst du denn, der Becher Amors
Halt‘ in sich die ganze Meerflut?“

 

Das hätte auch 70 Jahre vorher geschrieben sein können – Unterschiede zu den älteren Texten gibt es keine, schon gar nicht in der Handhabung des trochäischen Vierhebers, dessen schönen Fluss der eigene Vortrag ziemlich sicher bestätigen wird.

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