Erzählverse: Der Blankvers (101)

Gustav Falkes „Die Equipage“ ist ein recht bewegtes Gedicht über eine Kutsche, deren Pferde durchgehen, und ihre Insassen. Alles durchaus lesenswert, ich möchte hier Falke aber nur einen dieser Insassen vorstellen lassen, den kleinsten:

 

Der Seidenpinscher mit dem Fell wie Schnee,
Der auf dem Vordersitz bequem sich’s macht,
Hebt ganz verwundert seine klugen Augen.
Höchst unklar ist noch immer ihm der Vorgang,
Und fragend blickt er bald auf Fritz, bald auf
Die junge Herrin. Aus dem Zahngehege,
Dem scharfen, hechelt Fifis rosig Zünglein,
Und an dem himmelblauen Halsband zittert
Ein Silberglöckchen, dessen Kling und Pling
Im Donnerlaut des Hufschlags untergeht.

 

„Fritz“ ist der vielleicht bewusstlose, vielleicht tote Kutscher; der letzte Vers führt den Leser wieder zurück zur eigentlichen Handlung, die für die Beteiligten kein gutes Ende nimmt – allerdings außerhalb des Sichtfeldes des Lesers, was durch einen Vers erreicht wird, der dem Unachtsamen höchst missverständlich ist:

 

Die wilde Jagd verschlingt ein Tannenwäldchen.

 

Oha. Aber man bekommt es sortiert … Insgesamt ist Falkes Blankvers ruhig und gelassen, ein eigenartiger Kontrast zur Dramatik des Erzählten.

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