Prosa und Blankvers haben viele Berührungspunkte. Goethe hat bekanntlich im Falle seiner „Iphigenie“ die erste, in Prosa geschriebene Fassung später in Blankverse umgeschrieben, und zu diesen Sätzen daraus …
Sie zwangen mich vor den Altar, wo die Göttin, barmherzig, mich vom Tod errettete und wundervoll hierher versetzte. Agamemnons und Klytemnestras Tochter ist’s, die mit euch spricht.
… merkte Alfred Stahr schon 1839 an: „Man vergleiche dies fleisch- und blutlose Redegerippe mit der seelen- und lebensvollen Ausführung, die, durchwärmt von der Glut der erhabenen Leidenschaftlichkeit, wie sie der Moment notwendig erheischt, uns in den letzten, sich immer steigernden Worten gleichsam den klopfenden Herzschlag einer von allen Schrecken der zurückgerufenen Erinnerung durchschauerten Seele hören lässt“, um dann die Versfassung der Stelle folgen zu lassen:
Sie rissen mich vor den Altar und weihten
Der Göttin dieses Haupt. – Sie war versöhnt:
Sie wollte nicht mein Blut und hüllte rettend
In eine Wolke mich; in diesem Tempel
Erkannt ich mich zuerst vom Tode wieder.
Ich bin es selbst, bin Iphigenie,
Des Atreus Enkel, Agamemnons Tochter,
Der Göttin Eigentum, die mit dir spricht.
Je nun. Abgesehen davon, dass Stahr ein wenig zu sehr versucht, ein „fleisch- und blutloses Redegerippe“ zu vermeiden und dadurch in seiner Prosa auf leichte Abwege gerät – der Vergleich zuwischen Prosa und Vers ist lehrreich und offenbart auch manches über den Blankvers!