Erzählverse: Der Blankvers (111)

Johann Michael Hamanns „Frage und Antwort“ zeigt schön, wie weit die bloße Reihung einen Text bringen kann:

 

Wie kömmt’s doch, dass von allen Blumen, die
Auf Feld und Anger blühn, so wenig nur
Den Wohlgeruch, den süßen Duft uns weihn,
Der dieses Veilchen hier so wert uns macht?
Sie trinken alle doch denselben Tau,
Denselben Strahl der Sonne und des Monds?
Sie sprossen alle ja aus einem Schoß,
Und eine Mutter ist es, die sie nährt?
So sprach der Jüngling zu dem weisen Mann.
Wie kömmt’s, mein Sohn, erwidert‘ er, dass von
Den Menschen nicht ein jeder Wohlgeruch
Zum Himmel schickt, durch edle, gute Tat?
Hat die Natur doch keinen je versäumt.
Es leuchtet jedem ja die Sonne mild,
Und milder noch der Mond. Für jeden schmückt
Die Erde sich mit goldner Frucht. Es wölbt
Für jeden sich der blaue Äther, weht
Mit kräftgem Lebenshauch um seine Stirn.
Es flimmert jedem doch der Stern des Rechts,
Und jedem schallt die Stimme des Gefühls.

 

Nun gilt es zwar als unhöflich, auf eine Frage mit einer Gegenfrage zu antworten, aber vielleicht gelten da für „weise Männer“ ja andere Regeln …

Eine andere Frage, auf die eine Antwort zu erhalten wertvoll wäre, ist diese: Was gewänne oder verlöre dieses nicht eigentlich in Blankversen, sondern in sehr regelmäßigen iambischen Fünfhebern, die dafür einige harte Zeilensprünge aufweisen, geschriebene Gedicht, fehlten einige Elemente der Aufzählung?!

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