Otto Ludwigs Gedichte sind keine ganz große Dichtung, und seine Jugendgedichte schon gar nicht; aber vielleicht lohnt gerade darum ein Blick auf den folgenden kleinen Vierzeiler aus dieser frühen Zeit?!
Der Lenz bringt neue Blumen,
Der Himmel neue Röten,
Die Fern‘ bringt neue Lüfte,
Ich bring‘ mein altes Herz.
Drei wie auch immer gebaute, weiblich (also unbetont) schließende Verse, denen ein vierter männlich (also betont) schließender Vers folgt – das war schon immer ein guter Bauplan für eine Strophe, oder, wie hier, einen vollständigen Text!
x X / x X / x X / x
x X / x X / x X / x
x X / x X / x X / x
x X / x X / x X
Die Endsilben der ersten drei Verse lassen die Sprache fließen und heben gleichzeitig den Versschluss heraus durch das Aufeinandertreffen zweier unbetonter Silben; die betonte Endsilbe des letzten Verses schließt den Text kräftig und nachdrücklich.
Ansonsten ist wieder einmal hübsch zu sehen, wie wenig es im Aufbau braucht: ein wenig Aufzählung, ein wenig Gegensatz – und fertig …