Erzählverse: Der Hexameter (171)

Doch, dass man nicht dich erblicke, verhüllst du dich eben in Nebel,
Nächtlich tagender, Leben vernichtender, Leichenverscharrer,
Geh, unleidlicher, geh nur geschwind! Da sagt er: Ich geh schon,

 

Drei Hexameter, in denen Friedrich Rückert in seinem Liedertagebuch von 1853 den November anredet; welcher auch antwortet, länger, hier aber nur kurz zu Wort kommt. Denn es geht eigentlich um den mittleren der drei Verse, der zu knapp wie möglich daran vorbeischrammt, kein Hexameter

Nächtlich / tagender, | Leben || ver- / nichtender, | Leichen- / verscharrer,

Der eigentliche Einschnitt ist vorhanden, aber unhörbar, die hörbaren Einschnitte liegen hinter den metrischen Einheiten und teilen den Vers in drei nur so eben nicht gleiche Teile:

—  ◡ / — ◡ ◡ | — ◡ ◡ / — ◡ ◡ | — ◡ ◡ / — ◡

Jeder der drei Teile hat zwei Hebungen und zwei Senkungen, die Senkungen sind aber leicht unterschiedlich gefüllt. Ich glaube, das ist die äußerste Grenze dessen, was noch als Hexameter zu zählen Anspruch hat?! Was Rückert selbstverständlich besser wusste als alle anderen; manchmal haut er solche Verse raus, und oft scheint es: aus reinem Übermut …

Zum Vergleich ein Vers von Jens Baggesen, der vielleicht schon auf der anderen Seite der Grenze steht:

Zwar ein bescheidener, | frommer, und sittsamer, | aber ein Mann doch.

Ein Fall, wo dieses Muster in bewusster Gestaltungsabsicht benutzt wird, ist ein in Der Hexameter (37) erwähnter Vers Mörikes!

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